Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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j) Bestimmte Handlungen (zu Eigen machen, Verlinkung etc.)

1. Verlinkung

2. Zu Eigen machen fremder Inhalte

Kundenbewertungen

3. Google-Anzeigen

4. Amazon-Angebote

Verlinkung

Ein Unternehmer, der von seiner Internetseite auf eine andere Internetseite verlinkt, kann unter zwei Voraussetzungen dafür verantwortlich gemacht werden. Er muss sich den fremden Inhalt entweder zu Eigen machen oder bei der Setzung oder dem Aufrechterhalten des Hyperlinks wettbewerbliche Verkehrspflichten verletzen (dazu hier). Der Hyperlink an solcher begründet noch keine Verantwortung für den Inhalt der verlinkten Seiten, auch wenn das Setzen des Hyperlinks als geschäftliche Handlung angesehen werden muss (BGH, Urt. v. 18.6.2015, I ZR 74/14 - Haftung für Hyperlink).

BGH, Urt. v. 18.6.2015, I ZR 74/14, Tz. 15 - Haftung für Hyperlink

Eine als geschäftliche Handlung zu qualifizierende Linksetzung begründet als solche noch keine Haftung für die verlinkten Inhalte. Das Setzen eines Links kann eine geschäftliche Handlung darstellen, ohne dass dadurch eine wettbewerbsrechtliche Haftung desjenigen begründet wird, der den Link gesetzt hat.

Ebensowenig ergibt sich für die Haftung etwas aus dem Telemediengesetz.

BGH, Urt. v. 18.6.2015, I ZR 74/14, Tz. 12 - Haftung für Hyperlink

Das Telemediengesetz enthält keine Regelung der Haftung desjenigen, der mittels eines elektronischen Querverweises den Zugang zu rechtswidrigen Inhalten eröffnet. Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr, deren Umsetzung das Telemediengesetz dient, hat die Frage der Haftung für derartige Verweise ausgespart (vgl. Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie). Die Haftung für Hyperlinks richtet sich daher nach den allgemeinen Vorschriften. Danach ist eine differenzierte Beurteilung geboten, wie sie die Rechtsprechung bereits in der Zeit vor Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr für erforderlich gehalten hat (vgl. zum Ganzen BGH, Urt. v. 18.10.2007, I ZR 102/05, Tz. 20 - ueber18.de).

Ergänzend besteht eine Verantwortung für fremde Inhalte unter dem Aspekt der Störerhaftung, wenn auf der verlinkten Website absolute Rechte (Ausschließlichkeitsrechte) verletzt werden. Da die Störerhaftung im UWG keine Anwendung findet, scheidet dieses Haftungsmodell bei UWG-Verstößen aber aus.

BGH, Urt. v. 18.6.2015, I ZR 74/14, Tz. 14 - Haftung für Hyperlink

Derjenige, der seinen Internetauftritt durch einen elektronischen Verweis mit wettbewerbswidrigen Inhalten auf den Internetseiten eines Dritten verknüpft, kann im Fall der Verletzung absoluter Rechte als Störer (vgl. zum Urheberrecht BGH, Urt. v. 12.7.2012, I ZR 18/11, Tz. 18 ff. - Alone in the Dark; zum Persönlichkeitsrecht Vers-urt. v. 25.10.2011, VI ZR 93/10, Tz. 20 ff. - Blog-Eintrag) und im Fall der Verletzung sonstiger wettbewerbsrechtlich geschützter Interessen aufgrund der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2007, I ZR 18/04, Tz. 36 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay) in Anspruch genommen werden, wenn er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat.

Schließlich kommt, wie sich dem vorstehenden Zitat entnehmen lässt, eine Verantwortung unter dem Aspekt der Verletzung von Verkehrspflichten in Betracht. Dazu hier.

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Zu Eigen machen fremder Inhalte

BGH, Urt. v. 18.6.2015, I ZR 74/14, Tz. 13 - Haftung für Hyperlink

Wer sich die fremden Informationen zu Eigen macht, auf die er mit Hilfe eines Hyperlinks verweist, haftet dafür wie für eigene Informationen (vgl. BGH, GRUR 2008, 534 Rn. 20 - ueber18.de). Maßgeblich für die Frage, ob sich der Unternehmer mit seinem eigenen Internetauftritt verlinkte Inhalte zu Eigen macht, ist die objektive Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.2009, I ZR 166/07, Tz. 23 - marions-kochbuch.de).

BGH, Urt. v. 6.5.2021, I ZR 61/20, Tz. 24 - Die Filsbacher

Handlungen Dritter können dem in Anspruch Genommenen als eigene Handlungen zugerechnet werden, wenn er sich diese zu eigen gemacht hat. Dafür ist entscheidend, dass die in Anspruch genommene Person nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Handlung eines Dritten übernimmt oder den zurechenbaren Anschein erweckt, sie identifiziere sich mit ihr. Ob dies der Fall ist, ist aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen. Diese Haftungskategorie betrifft jedoch nicht die zunächst festzustellende Verursachung im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne. Betroffen ist vielmehr - ebenso wie bei der Kategorie der Täterschaft und Teilnahme - die der Feststellung der äquivalenten Kausalität nachgelagerte normative Zurechnung, bei der zu fragen ist, nach welchen Kriterien sich die Haftung bestimmt, wenn mehrere Personen einen für die Rechtsverletzung äquivalent kausalen Beitrag geleistet haben. Konkret geht es bei der Haftung unter dem Gesichtspunkt des "Sich-Zu-Eigen-Machens" darum, ob derjenige, der einen äquivalent kausalen Beitrag für eine Rechtsgutsbeeinträchtigung durch einen Dritten geleistet hat, aus normativen Gründen nicht für diese Beeinträchtigung verantwortlich ist.

Ein Zueigenmachen kommt nach BGH, Urt. v. 18.6.2015, I ZR 74/14, Tz. 18 - Haftung für Hyperlink in Betracht, wenn der Hyperlink

  • wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells der verlinkenden Seite ist, oder
  • auf der verlinkten Seite offen oder versteckt für die Produkte des Linksetzenden geworben wird, oder
  • der Vervollständigung des eigenen Angebots des Linksetzenden dient, oder
  • für das weitergehende Verständnis geäußerter Meinungen oder Ansichten erkennbar von Bedeutung und dadurch Bestandteil der vom Kinksetzenden auf seiner Internetseite bereitgestellten Inhalte geworden ist (vgl. BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 23 f. - Coaching-Newsletter).

BGH, Urt. v. 18.6.2015, I ZR 74/14, Tz. 19 - Haftung für Hyperlink

In diesem Zusammenhang kommt dem Umstand maßgebliche Bedeutung zu, dass es sich bei dem vom Beklagten gesetzten elektronischen Verweis nicht um einen sogenannten Deeplink handelt, der direkt zu allen oder einzelnen der vom Kläger beanstandeten Aussagen führt, sondern lediglich um einen Link zu der als solcher unbedenklichen Startseite des als Forschungsverband bezeichneten Vereins ... e.V.. Die beanstandeten Inhalte werden dem Internetnutzer also nicht schon durch einfaches Klicken auf den vom Beklagten bereitgestellten Link zugänglich, sondern erst durch weiteres unabhängiges und vom Beklagten nicht gelenktes Navigieren innerhalb des Internetauftritts "    .de".

Der Link entspricht in solchen Fällen einem Hinweis auf weiterführende Literatur am Ende eines Aufsatzes oder Beitrags, über den sich der interessierte Internetnutzer zusätzliche Informationsquellen zu einem bestimmten Thema selbständig erschließen kann. Unter diesen Umständen ist es fernliegend, dass der angesprochene Verkehr den Link dahingehend verstehen könnte, der Beklagte wolle damit die inhaltliche Verantwortung für alle Inhalte übernehmen, die über die Internetseite "    .de" erreichbar sind. Vielmehr wird der durchschnittlich informierte und verständige, situationsadäquat aufmerksame Internetnutzer den Link als vom Beklagten bereitgestellte Möglichkeit verstehen, sich bei entsprechendem Interesse anhand von Informationen, die durch vom Beklagten unabhängige Dritte bereitgestellt werden, weitergehend über das Thema Implantat-Akupunktur zu informieren.

Bestätigung von OLG Köln, Urt. v. 19.2.2014, 6 U 49/13; zuvor strenger OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.1.2014, 4 U 260/13

BGH, Urt. v. 20.2.2020, I ZR 193/18, Tz. 16 f - Kundenbewertungen auf Amazon

Für die Beurteilung, ob eine wegen wettbewerbswidriger Werbung in Anspruch genommene Person sich fremde Äußerungen zu eigen macht, kommt es entscheidend darauf an, ob sie nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Äußerungen Dritter übernimmt oder den zurechenbaren Anschein erweckt, sie identifiziere sich mit ihnen. Ob dies der Fall ist, ist aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen.

Dieser Maßstab gilt entgegen der Auffassung der Revision auch im Heilmittelwerberecht. Die Bedeutung und das Ausmaß der Bedrohung der durch das Heilmittelwerbegesetz geschützten Rechtsgüter durch eine unangemessen beeinflussende Werbung sowie Sinn und Tragweite des Werbeverbots gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 HWG führen zwar zu einem weiten Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 HWG und zu einem strengen Maßstab bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Werbung im Gesundheitswesen. Das rechtfertigt aber keine Ausweitung der Haftung für Äußerungen Dritter.

Zu einem Sachverhalt, bei dem sich der Wettbewerbsverstoß erst aus der Art und Weise ergab, wie ein Unternehmer die Aussage eines Dritten verwendete:

BGH, Urt. v. 15.4.2021, I ZR 134/20, Tz. 26 - Testsiegel auf Produktabbildung

Im Streitfall geht es bei der Werbung des Herstellers mit dem Testsieg zwar ... um Äußerungen Dritter. Im Gegensatz zu den Kundenbewertungen ist die Testsieger-Werbung des Herstellers auf dem Farbeimer aber wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Allerdings hat die Beklagte die Äußerungen des Herstellers im Rahmen ihrer eigenen Werbung in unzulässiger Weise wiedergegeben, weil die Fundstelle des Tests in ihrer Werbung - anders als auf dem Produkt selbst - nicht deutlich erkennbar ist. Damit wird die von der Beklagten übernommene Äußerung eines Dritten im Streitfall erst durch die Art und Weise, wie die Beklagte sie sich zu eigen macht, unzulässig.

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Zu Kundenbewertungen

Bei Kundenbewertungen im Zusammenhang mit einem Produkt, das auf einer Handelsplattform wie Amazon angeboten wird, kommt es darauf an, ob darauf an, ob der Verbraucher erkennt, dass der Anbieter sie sich zu eigen macht.

BGH, Urt. v. 20.2.2020, I ZR 193/18, Tz. 23 - Kundenbewertungen auf Amazon

Die angesprochenen Verkehrskreise ordnen die Kundenbewertungen nicht der Sphäre der Beklagten zu. Es handelt sich (aus Sicht der Nutzer von Amazon) vielmehr um persönliche Einschätzungen anderer Kunden, denen keine der Beklagten zurechenbare Irreführungsgefahr zukommt. In diesem Rahmen erzeugte Fehlvorstellungen sind hinzunehmen.

Das unterscheidet sich von (falschen) Herstellerpreisempfehlungen, die Amazon einem Angebot zuordnete (dazu siehe hier):

BGH, Urt. v. 20.2.2020, I ZR 193/18, Tz. 24 - Kundenbewertungen auf Amazon

Für  die Nutzer der Plattform der Eindruck, die Angabe der unverbindlichen Preisempfehlung sei Teil des von der beklagten Händlerin veröffentlichten Angebots und stamme von dieser. … Allein der Umstand dass der Händler bei Erstellung des Angebots von dem Bewertungssystem bei Amazon und von positiven Bewertungen für das von ihm eingestellte Produkt Kenntnis hat, führt nicht zu einer Zurechnung dieser Kundenbewertungen als Werbung, solange der Händler nicht den Anschein erweckt, er mache sie sich zu eigen.

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Google-Anzeigen

Zu Angaben in einer Google-Anzeige, die der Google-Algorithmus selbst erstellt, siehe KG, Urt. v. 22.2.2023, 5 U 50/21, Tz. 23 ff.

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Amazon-Angebote

BGH, Urt. v. 3.3.2016, I ZR 110/15, Tz. 36 f - Herstellerpreisempfehlung bei Amazon

Mit der Nutzung der Plattform lässt der Händler im eigenen Namen ein Angebot veröffentlichen, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Plattformbetreiber die Angabe und Änderung der unverbindlichen Preisempfehlung vorbehalten ist. Diese Möglichkeit der Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung führt - wie dem objektiven Betrachter im Vorhinein ohne weiteres erkennbar ist - im Falle der Hinzufügung einer unzutreffenden Herstellerpreisempfehlung zum irreführenden Gehalt des vom Händler eingestellten Angebots. Bei wertender Betrachtung liegt es aber keinesfalls außerhalb der Lebenserfahrung, dass es zur Einstellung falscher Herstellerpreisempfehlungen kommt, so dass ein entsprechender Fehler des Plattformbetreibers nicht als völlig ungewöhnliche und unsachgemäße Handlungsweise angesehen werden kann, die die Adäquanz entfallen ließe. Dass der Plattformbetreiber selbst fehlerhafte Angaben für möglich hält, folgt nicht zuletzt daraus, dass er den Händlern … im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen die Pflicht auferlegt, die für sein Angebot angezeigten Produktinformationen und deren Rechtmäßigkeit regelmäßig zu kontrollieren. Die dem Plattformbetreiber eingeräumte Möglichkeit, dem Angebot des Händlers von diesem nicht kontrollierte Informationen hinzuzufügen, erweist sich als Umstand, der einen irreführenden Gehalt des Angebots erheblich begünstigt.

Die Zurechnung der Gefahr, in dieser Konstellation für falsche Angaben Dritter zu haften, stellt deshalb keine völlig unvorhersehbare Rechtsfolge dar, weil sie gleichsam die Kehrseite der von den Händlern in Anspruch genommenen Vorteile einer internetbasierten, allgemein zugänglichen und eine weitgehende Preistransparenz vermittelnden Verkaufsplattform darstellt. Wenn es … zur Wahrung der Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit des Produktangebots im Internetportal erforderlich ist, identische Produkte unter einer Identifikationsnummer aufzulisten, und Händler sich in diesem Zusammenhang einer inhaltlichen Einflussnahmemöglichkeit des Plattformbetreibers unterwerfen, müssen sie auch mit der hiermit potentiell verbundenen Verfälschung ihres Angebots rechnen.

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