Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

Preisermäßigungen

1. Preisermäßigungen gemäß § 9 PAngV

a. Individuelle Preisermäßigungen

b. Generelle Preisermäßigungen

c. Verderbliche Ware/Ware mit kurzer Haltbarkeit

d. Grundpreisangabe (§ 9 Abs. 2 PAngV)

2. Preisermäßigungen gemäß § 11 PAngV

a. Anwendungsbereich

b. Richtlinienkonformität

c. Sinn und Zweck

d. Verhältnis zur UGP-Richtlinie

e. Angabe des früheren Preises

i. Einfache Preisermäßigung

ii. Schrittweise ansteigende Preisermäßigung

f. Bezugspunkt der Preisermäßigung

g. Preisklarheit

Literatur: Stillner, Benjamin, Zwischen Steinen, Brot und steinhartem Brot - Wieviel Verbraucherschutz steckt in Art. 6a Abs. 1, Abs. 2 PAngRL (§ 11 Abs. 1 PAngV), WRP 2023, 1293

Preisermäßigungen gemäß § 9 PAngV

§ 9 Preisermäßigungen

(1) Die Pflicht zur Angabe eines neuen Gesamtpreises oder Grundpreises gilt nicht bei

1. individuellen Preisermäßigungen;

2. nach Kalendertagen zeitlich begrenzten und durch Werbung oder in sonstiger Weise bekannt gemachten generellen Preisermäßigungen;

3. schnell verderblichen Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit, wenn der geforderte Gesamtpreis wegen einer drohenden Gefahr des Verderbs oder eines drohenden Ablaufs der Haltbarkeit herabgesetzt wird und dies für die Verbraucher in geeigneter Weise kenntlich gemacht wird.

(2) Die Pflicht zur Angabe eines neuen Grundpreises gilt nicht bei Waren ungleichen Nenngewichts oder -volumens oder ungleicher Nennlänge oder -fläche mit gleichem Grundpreis, wenn der geforderte Gesamtpreis um einen einheitlichen Betrag oder Prozentsatz ermäßigt wird.

Verordnungsbegründung zu § 9 PAngV

"§ 9 regelt, in welchen Fällen einer Preisermäßigung auf eine Neuauszeichnung des Gesamt- und/oder Grundpreises verzichtet werden kann. § 9 bündelt die im Wesentlichen schon existierenden Regelungen zu Preisermäßigungen in einem eigenständigen Paragraphen und dient so der besseren Auffindbarkeit. Mit der sprachlichen Änderung von Preisnachlass zu Preisermäßigung ist keine inhaltliche Änderung verbunden.

Von § 9 abzugrenzen ist der aufgrund der Richtlinie (EU) 2019/2161 neu eingeführte § 11, der eine zusätzliche Informationspflicht in Fällen der Bekanntgabe einer Preisermäßigung für Waren regelt."

zurück nach oben

Individuelle Preisermäßigungen

Verordnungsbegründung

§ 9 Abs. 1 "Nummer 1 entspricht § 9 Absatz 2 Alt. 1 PAngV a.F. Individuelle Preisermäßigungen sind solche, die der zur Preisangabe Verpflichtete (z. B. Händler oder Dienstleister) Verbrauchern im Einzelfall im Rahmen von Verhandlungen, also z. B. beim sogenannten „Feilschen“ oder aus eigener Entscheidung (z. B. aus Kulanz) gewährt."

Die Pflicht zur Gesamtpreisangabe und zur Grundpreisangabe gilt nicht für individuelle Preisnachlässe. Die Ausnahme für individuelle Preisnachlässe rechtfertigt sie daraus, dass der Preis eben von der individuellen Absprache zwischen Unternehmer und Verbraucher abhängig ist.

zurück nach oben

Generelle Preisermäßigungen

Verordnungsbegründung

"Nummer 2 entspricht im Wesentlichen § 9 Absatz 2 Alt. 2 PAngV a.F. Ergänzt wurde, dass bei nach Kalendertagen zeitlich begrenzten und generellen Preisermäßigungen eine Bekanntgabe nicht nur durch Werbung, sondern auch „in sonstiger Weise“ erfolgen kann. Gibt z. B. ein Händler die Preisermäßigung einer Ware bekannt, indem er an die Ware einen Aufkleber mit einem prozentualen Rabatt klebt, hat er keinen neuen Gesamt- und/oder Grundpreis anzugeben. Die Ergänzung soll Rechtssicherheit schaffen, da unter Geltung der PAngV a.F. zum Teil vertreten wurde, dass solche Bekanntmachungen einer Preisermäßigung nicht unter den Begriff „Werbung“ und damit nicht unter den Ausnahmetatbestand fallen. Der Abzug der Preisermäßigung zugunsten der Verbraucher kann an der Kasse erfolgen. Den zur Preisangabe Verpflichteten wird so der Abverkauf reduzierter Ware erleichtert, da sie nicht verpflichtet werden, neue Preisschilder an der Ware anzubringen oder jedes Etikett abzuändern. Verbrauchern entsteht durch die klarstellende Ergänzung kein Nachteil: Etwaige Preisermäßigungen müssen weiterhin klar und transparent bekannt gegeben werden und eine Berechnung des neuen Gesamtpreises durch die Verbraucher selbst ist in Fällen wie dem beschriebenen zumutbar. Auch bleibt die Pflicht des zur Preisangabe Verpflichteten nach § 11 unberührt."

Ein genereller Preisnachlass ist gegeben, wenn er für alle Personen oder jedenfalls einen klar abgegrenzten Personenkreis generell gilt. Er fällt aber nur unter § 9 Abs. 1 Nr. 2 PAngV, wenn er von Anfang an zeitlich, und zwar auf Kalendertage begrenzt ist, und diese Begrenzung in der Werbung oder auf sonstige Weise bekannt gemacht wird. § 9 Abs. 1 Nr. 2 PAngV gilt nicht für Dauerpreissenkungen.

zurück nach oben

Verderbliche Ware/Ware mit kurzer Haltbarkeit

Verordnungsbegründung

"Die bisherige Regelung des § 9 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 a.F. wird in § 9 Absatz 1 Nummer 3 überführt, aber aufgrund des neuen Artikels 6a Absatz 3 der Richtlinie 98/6/EG und des Ziels einen leichteren Abverkauf der maßgeblichen Waren zu ermöglichen, ergänzt."

Zu den schnell verderblichen oder schnell unverkäuflichen Lebensmittel zählt der Verordnungsgeber frische Backwaren, Obst oder Gemüse. Als Beispiel für Waren mit kurzer Haltbarkeit nennt er Schnittblumen. Durch Bezugnahme zur Haltbarkeit werden zudem Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum in Kürze abläuft, von der Regelung erfasst, "auch wenn diese Produkte ansonsten nicht zwingend als schnell verderblich anzusehen wären".

Der Verordnungsgeber verfolgt durch die Neuregelung auch Nachhaltigkeitsziele. Er möchte es dem Unternehmer deshalb bei der Kennzeichnung der Preisermäßigung möglichst einfach machen. Jeder größere Aufwand könnte dazu führen, dass die Ware weggeworfen anstatt weiter verkauft wird.

zurück nach oben

Grundpreisangabe (§ 9 Abs. 2 PAngV)

§ 9 Abs. 2 entspricht der bisherigen Regelung des § 9 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 PAngV (a.F.). Danach besteht die Pflicht zur Angabe eines neuen Grundpreises nicht bei Waren ungleichen Nenngewichts oder -volumens oder ungleicher Nennlänge oder -fläche mit gleichem Grundpreis, wenn der geforderte Gesamtpreis um einen einheitlichen Betrag oder Prozentsatz ermäßigt wird. Bei der Reduzierung der genannten Waren um einen einheitlichen Betrag (z.B. "alles 1,- EUR günstiger") oder einem Prozentsatz (z.B. "alles 10 % herabgesetzt") muss bei den genannten Waren kein neuer Grundpreis angegeben werden. Die Ausnahme gilt aber nur, wenn der Grundpreis der Waren unterschiedlicher Größe vor der Preisermäßigung jeweils identisch war. Denn nur in diesem Fall kann der Verbraucher erkennen, dass die Waren weiterhin denselben Grundpreis haben.

zurück nach oben

Preisermäßigungen gemäß § 11 PAngV

§ 11 Zusätzliche Preisangabenpflicht bei Preisermäßigungen für Waren

(1) Wer zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, hat gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat.

(2) Im Fall einer schrittweisen, ohne Unterbrechung ansteigenden Preisermäßigung des Gesamtpreises einer Ware kann während der Dauer der Preisermäßigung der niedrigste Gesamtpreis nach Absatz 1 angegeben werden, der vor Beginn der schrittweisen Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern für diese Ware angewendet wurde.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für nach § 4 Absatz 2 lediglich zur Angabe des Grundpreises Verpflichtete.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht bei der Bekanntgabe von

1. individuellen Preisermäßigungen oder

2. Preisermäßigungen für schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit, wenn der geforderte Preis wegen einer drohenden Gefahr des Verderbs oder eines drohenden Ablaufs der Haltbarkeit herabgesetzt wird und dies für die Verbraucher in geeigneter Weise kenntlich gemacht wird.

zurück nach oben

Anwendungsbereich

§ 11 gilt für jede Information des Verbrauchers über eine Preisermäßigung für eine Ware, das sind körperliche Gegenstände. Die Vorschrift gilt ihrem Wortlaut nach nicht für Preisermäßigungen bei Dienstleistungen.

In welcher Form die Preisermäßigung kommuniziert wird, ist unerheblich (Statt-Preise, Streich-Preise, Prozentuale Nachlässe etc.). Ebenso unerheblich ist, ob die Preisermäßigung sich auf ein bestimmtes Produkt, eine Warengattung oder das gesamte Warensortiment bezieht. Keine Preisermäßigung ist die Preissenkung, die nicht als solche kommuniziert wird, die Bezugnahme auf höhere Preise bei einem Mitbewerber oder die Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers. Auch eine anderweitige Verbilligung einer Ware wie etwa Zugaben oder Draufgaben ist keine Preisermäßigung.

Die Verpflichtung zur Angabe des niedrigsten Preises binnen der letzten 30 Tage gilt im Falle einer Preisermäßigung für jeden Unternehmer, der nach § 3 PAngV den Gesamtpreis und/oder nach § 4 Abs. 2 PAngV den Grundpreis angeben muss und mit einer  Preisermäßigung wirbt. Erfasst werden lediglich Waren, nicht Dienstleistungen. "Waren sind bewegliche körperliche Gegenstände, einschließlich solcher, die in einer Weise digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthalten oder mit Ihnen verbunden sind, dass die Ware ohne diese Inhalte oder Dienstleistungen ihre Funktion nicht erfüllen kann; Wasser, Gas und Strom gelten als Waren, wenn sie in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden" (Verordnungsbegründung).

Von der Verpflichtung ausgenommen sind nach § 11 Abs. 4 individuelle Preisermäßigungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 PAngV und  Preisermäßigungen für schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 PAngV. Bei Preisermäßigungen für schnell verderbliche Ware oder Ware mit kurzer Haltbarkeit muss der frühere Preis aber nur dann nicht genannt werden, wenn die Ware objektiv zu verderben droht oder der Ablauf der Mindesthaltbarkeit oder Verzehrfähigkeit objektiv bevorsteht und dem Verbraucher einer dieser beiden Umstände als Grund für die Preisermäßigung deutlich wird. Eine weitere Ausnahme gilt nach § 13 PAngV für bestimmte Angebote von Speisen und Getränken.

zurück nach oben

Richtlinienkonformität

§ 11 UWG geht auf Art. 6a der Preisangaben-Richtlinie (98/6/EG) in der Fassung der Richtlinie (EU) 2019/2161 zurück. Art. 6a hat folgenden Wortlaut:

Artikel 6a

(1)   Bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung ist der vorherige Preis anzugeben, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum angewandt hat.

(2)   Der vorherige Preis ist der niedrigste Preis, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat.

(3)   Die Mitgliedstaaten können für schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit abweichende Regelungen treffen.

(4)   Ist das Erzeugnis seit weniger als 30 Tagen auf dem Markt, können die Mitgliedstaaten auch einen kürzeren als den in Absatz 2 genannten Zeitraum festlegen.

(5)   Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass im Falle einer schrittweise ansteigenden Preisermäßigung der vorherige Preis der nicht ermäßigte Preis vor der ersten Anwendung der Preisermäßigung ist.

zurück nach oben

Sinn und Zweck

Verordnungsbegründung

"Verbrauchern wird durch die Regelung ermöglicht, Preisermäßigungen für Waren besser einzuordnen und ihre Preiswürdigkeit einzuschätzen. Mit den Regelungen in Absatz 1 soll verhindert werden, dass bei der Bekanntgabe von Preisermäßigungen vorherige Gesamt- bzw. Grundpreise angegeben werden, die vor der Preisermäßigung von Verbrauchern so nicht verlangt wurden oder dass Preise vor einer Preisermäßigung kurzzeitig angehoben und dann auf diesen erhöhten Preis Bezug genommen wird, um den Eindruck einer höheren Preisermäßigung und eines besonders preisgünstigen Angebotes zu erwecken."

OLG Hamburg, Beschl. v. 12.12.2022, 3 W 38/22, Tz. 28 - Ananas

Zweck des § 11 PAngV ist die Verbesserung der Verbraucherinformation in den Fällen, in denen eine Preisermäßigung zu Werbezwecken genutzt wird; insbesondere Abs. 1 soll verhindern, dass bei der Werbung mit Preisermäßigungen Grundpreise angegeben werden, die so zuvor nicht verlangt oder kurzzeitig zuvor angehoben wurden. Die Vorschrift bildet das preisangabenrechtliche Instrument zur Bekämpfung von Mondpreisen und steht komplementär neben § 5 UWG (Sosnitza, GRUR 2022, 794, 796).

zurück nach oben

Verhältnis zur UGP-Richtlinie

EuGH, Urt. v. 26.9.2024, C-330/23, Tz. 28 – Aldi Süd

Da Art. 6a der Richtlinie 98/6 speziell die Aspekte im Zusammenhang mit der Angabe des vorherigen Preises in der Bekanntgabe einer Preisermäßigung und die Definition dieses Preises regelt, die Geschäftspraxis in den Beziehungen zwischen Händlern und Verbrauchern, die darin besteht, eine Preisermäßigung für das betroffene Erzeugnis anzukündigen, die nicht auf der Grundlage des „vorherigen Preises“ im Sinne von Art. 6a Abs. 2 dieser Richtlinie bestimmt wird, anhand dieses Artikels … zu beurteilen, und nicht anhand der Bestimmungen der Richtlinie 2005/29, wie sich aus deren Art. 3 Abs. 1 und 4 ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juli 2016, Citroën Commerce, C‑476/14, EU:C:2016:527, Rn. 42 bis 45).

zurück nach oben

Angabe des früheren Preises

Einfache Preisermäßigung

Bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung muss der Unternehmer gleichzeitig den niedrigsten Preis nennen, den er - zu irgendeinem Zeitpunkt - während der letzten 30 Tagen vor der Preisermäßigung für die Ware gefordert hat (sog. Referenzpreis). Das muss nicht der Preis von vor 30 Tagen sein.

Maßgeblich ist der niedrigste Preis der letzten 30 Tage, bevor die Preisermäßigung in Kraft getreten ist, nicht der niedrigste Preis binnen der letzten 30 Tage. Der 30-Tage-Zeitraum verschiebt sich also während der Dauer der Preisermäßigung nicht ständig. Die Angabe des vorigen Preises muss deshalb nicht ständig aktualisiert werden. Andererseits kann der anzugebende niedrigste Preis bei länger währenden Preisermäßigungen auch weit länger als 30 Tage zurückliegen.

Wird die Ware vom Unternehmer an Verbraucher über verschiedene Vertriebskanäle verkauft, so ist der niedrigste Gesamtpreis des jeweiligen Vertriebskanals maßgeblich, für den die Bekanntgabe der Preisermäßigung erfolgt.

Wird der Preis einer Ware ermäßigt, die in verschiedenen Varianten bzw. mit verschiedenen Produkteigenschaften (bei Textilien z. B. verschiedenen Größen desselben Modells) angeboten wird, kann es sein, dass für die Ware je nach Variante/Produkteigenschaft ein unterschiedlicher Preis verlangt wird. In diesen Fällen ist auf den niedrigsten Gesamtpreis der Ware mit derselben Produkteigenschaft abzustellen, für die die Preisermäßigung erfolgt.

OLG Hamburg, Beschl. v. 12.12.2022, 3 W 38/22, Tz. 28 - Ananas

Der Wortlaut von § 11 PAngV macht keine Vorgaben, wie der Referenzpreis angegeben werden soll. Auch die Gesetzesbegründung sieht eine solche zusätzliche Pflicht ausdrücklich nur vor, wenn durch weitere Angaben (z. B. weitere Preise) bei der Preisauszeichnung unklar wird, dass es sich bei dem durchgestrichenen Preis um einen Referenzpreis handelt (BR-Drucksache 669/21 v. 25.08.2021, S. 40). Artikel 6a RL 98/6/EG [Preisangaben-Richtlinie] macht nach dem Wortlaut ebenfalls keine solche Vorgabe: „(1)Bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung ist der vorherige Preis anzugeben, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum angewandt hat.[...].“

zurück nach oben

Schrittweise ansteigende Preisermäßigung

§ 11 Abs. 2 PAngV gewährt eine Erleichterung bei der Angabe des früheren Preises, wenn der Unternehmer den Preis in mehreren (mindestens zwei) Stufen ermäßigt, bspw. im Rahmen eines Räumungsverkaufs. Er muss in diesem Fall nicht beim Eintritt jeder Stufe den niedrigsten Preis während der letzten 30 Tage vor Eintritt der Stufe angeben, sondern darf, aber muss auch den niedrigsten Preis nennen, der während der letzten 30 Tage vor der ersten Preisermäßigung gegolten hat.

zurück nach oben

Bezugspunkt der Preisermäßigung

EuGH, Urt. v. 26.9.2024, C-330/23, Tz. 22, 24 f – Aldi Süd

Was die Ziele der Richtlinie 98/6 betrifft, so soll mit dieser nach ihrem Art. 1 in Verbindung mit dem sechsten Erwägungsgrund die Verbraucherinformation verbessert und der Vergleich der Verkaufspreise von Erzeugnissen, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden, erleichtert werden, damit die Verbraucher fundierte Entscheidungen treffen können. Im ersten Erwägungsgrund der Richtlinie wird die Bedeutung eines transparenten Markts und von korrekten Informationen für den Verbraucherschutz hervorgehoben. Nach ihrem zwölften Erwägungsgrund soll die Richtlinie 98/6 eine einheitliche und transparente Information zugunsten sämtlicher Verbraucher im Rahmen des Binnenmarkts sicherstellen. Außerdem muss der Verkaufspreis der den Verbrauchern angebotenen Erzeugnisse gemäß Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit dem zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein, damit diese Information genau, transparent und unmissverständlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 2023, Verband Sozialer Wettbewerb [Pfandbehälter], C‑543/21, EU:C:2023:527, Rn. 25). ...

Eine Auslegung von Art. 6a Abs. 1 der Richtlinie 98/6 dahin, dass es genügen würde, in der Bekanntgabe einer Preisermäßigung den „vorherigen Preis“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels zu nennen, ohne dass dieser Preis die tatsächliche Berechnungsgrundlage für diese Ermäßigung darstellt, könnte … diese Ziele beeinträchtigen, und zwar insbesondere das Ziel, die Verbraucherinformation zu verbessern, das verlangt, dass die Informationen über die Preise und die Methoden zur Berechnung der bekannt gegebenen Ermäßigung eindeutig sind.

Was im Übrigen die mit Art. 6a der Richtlinie 98/6 verfolgten spezifischen Ziele betrifft, so soll dieser, wie sich aus den Leitlinien von 2021 ergibt …, Händler daran hindern, den Verbraucher irrezuführen, indem sie den angewandten Preis vor der Bekanntgabe einer Preisermäßigung erhöhen und damit gefälschte Preisermäßigungen ankündigen.

EuGH, Urt. v. 26.9.2024, C-330/23, Tz. 27 – Aldi Süd

Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6, um sowohl dem spezifischen Ziel dieses Artikels als auch den mit dieser Richtlinie allgemein verfolgten Zielen gerecht zu werden, ist dahin auszulegen, dass in der Bekanntgabe einer Ermäßigung des Verkaufspreises eines Erzeugnisses diese Ermäßigung unter Bezugnahme auf den „vorherigen Preis“ dieses Erzeugnisses im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels zu bestimmen ist. Dementsprechend kann der Verkaufspreis eines Erzeugnisses, der in einer Bekanntgabe als ermäßigter Preis angegeben wird, tatsächlich nicht genauso hoch oder sogar höher sein als dieser „vorherige Preis“.

Da Art. 6a der Richtlinie 98/6 speziell die Aspekte im Zusammenhang mit der Angabe des vorherigen Preises in der Bekanntgabe einer Preisermäßigung und die Definition dieses Preises regelt, die Geschäftspraxis in den Beziehungen zwischen Händlern und Verbrauchern, die darin besteht, eine Preisermäßigung für das betroffene Erzeugnis anzukündigen, die nicht auf der Grundlage des „vorherigen Preises“ im Sinne von Art. 6a Abs. 2 dieser Richtlinie bestimmt wird, anhand dieses Artikels … zu beurteilen, und nicht anhand der Bestimmungen der Richtlinie 2005/29, wie sich aus deren Art. 3 Abs. 1 und 4 ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juli 2016, Citroën Commerce, C‑476/14, EU:C:2016:527, Rn. 42 bis 45).

zurück nach oben

Preisklarheit

OLG Nürnberg, Urt. v. 24.9.2024, 3 U 460/24, Tz. 32 f

Der Senat legt § 11 Abs. 1 PAngV dahingehend aus, dass diese Vorschrift nicht nur verlangt, (irgendwie) den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den der Unternehmer innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern tatsächlich angewandt hat, sondern auch Vorgaben dahingehend enthält, dass dies auf eine Art und Weise zu geschehen hat, die der Verbraucher nachvollziehen kann und für diesen verständlich ist.  …

§ 11 PAngV bezweckt eine Verbesserung der Verbraucherinformation in den Fällen, in denen eine Preisermäßigung zu Werbezwecken genutzt wird: Verbrauchern soll es ermöglicht werden, Preisermäßigungen für Waren besser einzuordnen und ihre Preiswürdigkeit einzuschätzen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 42. Aufl. 2024, PAngV § 11 Rn. 2; BeckOK UWG/Laoutoumai, 24. Ed. 1.4.2024, PAngV § 11 Rn. 3; OLG Hamburg GRUR 2023, 654 Rn. 21 – getrocknete Ananas). Dieses Ziel kann nur dann erreicht werden, wenn für die Empfänger der Informationen diese auch nachvollziehbar und verständlich sind.

OLG Nürnberg, Urt. v. 24.9.2024, 3 U 460/24, Tz. 38 ff

In diesem Zusammenhang kann die Vorschrift des § 1 Abs. 3 PAngV nicht außer Acht gelassen werden. Die darin enthaltenen Regelungen dienen als „Allgemeiner Teil“ der Preisangabenverordnung, weil sie für alle Angabenpflichten der PAngV gelten, soweit keine spezielleren Anordnungen getroffen werden (BeckOK UWG/Barth, 24. Ed. 1.4.2024, PAngV § 1 Rn. 1).

Nach § 1 Abs. 3 S. 1 PAngV hat derjenige, der zu Angaben nach dieser Verordnung verpflichtet ist, diese dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen. Dabei kann die Zuordnung durch einen klaren und unmissverständlichen Sternchenhinweis geschehen, wenn dadurch die Zuordnung der Angaben in der Werbung gewahrt bleibt und die Angaben gut lesbar und vollständig sind (BGH GRUR 2010, 744 Rn. 35 – Sondernewsletter).

Der in § 1 Abs. 3 S. 2 PAngV geregelte Grundsatz der Preisklarheit betrifft die Art und Weise der Preisangaben und bedeutet, dass der Adressat ihn ohne Weiteres erkennen und verstehen kann (BeckOK UWG/Barth, a.a.O. § 1 Rn. 24). Auch alle weiteren (Spezial-)Normen der Preisangabenverordnung, die die Art und Weise der Preisangabe betreffen, sind im Lichte des Grundsatzes der Preisklarheit auszulegen. Bei Regelungslücken oder Auslegungsschwierigkeit ist dann im Zweifel die Art der Auszeichnung zu wählen, die für den durchschnittlichen Verbraucher klar und eindeutig ist (BeckOK UWG/Barth, a.a.O. § 1 Rn. 24).

zurück nach oben