Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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Festpreis

Im Stromsektor

 

OLG Hamm, Urt. v. 8.11.2011, I-4 U 58/11, Tz. 61, 66

Unter "Festpreis" versteht der angesprochene Verbraucher zwar keinen Pauschalpreis im Sinne des Baurechts, der das Entgelt auf einen einheitlichen Betrag endgültig festlegt und eine Abrechnung in Bezug auf alle wesentlichen Leistungen entbehrlich macht. Der Stromtarif hat auch aus seiner Sicht die Besonderheit, dass es neben dem festen Grundpreis verbraucherabhängige weitere Preisbestandteile geben soll. Insoweit soll nur der Einheitspreis für die angegebene Laufzeit fest sein. Das Risiko, dass im Bereich des allgemeinen wirtschaftlichen Umfeldes Umstände auftreten, die an sich eine Preiserhöhung erforderlich machen könnten, soll grundsätzlich der Stromlieferant übernehmen. Der Festpreis stellt sich insoweit für den Verbraucher als eine Garantie des unveränderten Grundpreises und der unveränderten Einheitspreise in der Höhe, wie sie zur Zeit verbrauchsabhängig berechnet werden, dar, und zwar für die Dauer von drei Jahren. Gerade weil es insoweit aber um eine Risikoübernahme durch ein Wirtschaftsunternehmen geht, hält es der Verbraucher auch bei einem solchen Festpreis für möglich, dass der Vertragspartner das Risiko nicht ausnahmslos ohne jeden Vorbehalt übernehmen will, insbesondere wenn er an eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes denkt. Er wird sich der Werbung in einem für ihn so wichtigen Bereich wie der Stromversorgung auch mit normaler Aufmerksamkeit zuwenden und sich erst dann für einen Anbieter oder Tarif entscheiden, wenn er sich nicht nur oberflächlich anhand eines hervorgehobenen Begriffs informiert hat. Er geht deshalb selbst angesichts der hervorgehobenen Verwendung des Begriffs "Festpreis" in Zusammenhang mit dem beworbenen Tarif von einer Werbeaussage aus, die möglicherweise noch weiter erläutert werden wird, etwa dahin, in welchem Umfang der Werbende ein von ihm nicht beeinflussbares Risiko von Preiserhöhungen in dem erheblichen Zeitraum ausschließen will. Es stellt deshalb im vorliegenden Fall gerade keine "dreiste Lüge" dar, wenn der beworbene Festpreis tatsächlich nicht in Bezug auf alle möglichen Faktoren der Preisbildung fest ist. Es erzeugt noch keine Fehlvorstellung, wenn die Preisgarantie nicht vorbehaltlos gelten soll, sondern davon bestimmte Ausnahmen gemacht werden sollen. Dem mit dem hervorgehobenen Hinweis auf einen "Festpreis" werbenden Stromerzeuger bleibt es also grundsätzlich unbenommen, bestimmte Ausnahmen durch einen Sternchenhinweis zu kennzeichnen. Der Sternchenhinweis muss dann allerdings einen erkennbaren Bezug zu der im Blickpunkt stehenden Werbeaussage haben und darf seinerseits nicht so unvollständig sein, dass er selbst wieder zu einer Fehlvorstellung der Verbraucher führen kann.

Dabei kommt es darauf an, ob die erfolgte Aufklärung in dem Hinweis ("Ausgenommen sind Änderungen durch Umsatz- und/oder Stromsteuer und eventuelle neue Steuern sowie durch Änderungen der erneuerbare-Energie-Gesetz-Umlage.") geeignet ist, eine durch die Verwendung des der Erläuterung bedürftigen Begriffs "Festpreis" möglich gewordene Fehlvorstellung zu vermeiden. Das ist hier nicht der Fall. Ein nicht unerheblicher Anteil der Verbraucher nimmt mangels geeigneten Vorwissens über die Preisstrukturen beim Strompreis nicht von sich aus an, dass ein so ungewöhnlich hoher Anteil von über 40 % des Gesamtpreises damit variabel wird. In der Stromrechnung tauchen die einzelnen Bestandteile, die den Strompreis bilden, nicht auf. Die Einzelheiten und die wirtschaftliche Bedeutung der EEG-Umlage sind einer großen Anzahl der Verbraucher nicht bekannt. Nach den Erfahrungen mit der bei Umsatzgeschäften regelmäßig anfallenden Mehrwertsteuer gehen sie von einer Größenordnung von 20 % bis 25 % des Gesamtpreises aus, der der Preisgarantie nicht unterliegen könnte, wenn keine genaueren Angaben gemacht werden. Selbst wenn der Verbraucher weiß, dass etwa beim Benzin die staatlichen Abgaben einen Großteil des Preises ausmachen, der weit mehr als 50 % beträgt, überträgt er dieses Wissen mangels einer geeigneten Vergleichsgrundlage nicht auf die Strompreise. In jedem Fall nimmt er nicht nur an, dass mehr als 50 % des Strompreises gesichert sind, sondern geht von einem erheblich größerem Anteil aus, ohne dass dieser genau beziffert werden müsste.

 Dagegen zum Begriff 'Preisgarantie'

OLG Bamberg, Urt. v. 26.02.2014, 3 U 164/13

Während in der Entscheidung des OLG Hamm vom 08.11.2011, Az. 4 U 58/11 ... die beanstandete Werbeaussage den Begriff des "Festpreises" verwendete, wird im vorliegenden Fall die Preisgarantie von vorneherein ausdrücklich als eingeschränkte Preisgarantie für den Energiepreis inklusive Netzentgelt bezeichnet.

Entscheidend ist jedoch in Abgrenzung zu dieser Entscheidung, dass sich mittlerweile der Kenntnisstand der Verbraucherkreise deutlich gewandelt hat. Die der Entscheidung des OLG Hamm zugrunde liegende Werbeaussage stammte aus Oktober 2010, während die hier streitgegenständliche Werbeaussage vom 04.01.2013 datiert. Dazwischen liegt der Reaktorunfall in Fukushima vom 11.03.2011, der in der Bundesrepublik zu einer erneuten Wende in der Energiepolitik führte. Mitte 2011 beschloss der Bundestag das "13. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes", das die Beendigung der Kernenergienutzung regelt und Maßnahmen trifft, um die Energiewende zu beschleunigen.

OLG Bamberg, Urt. v. 26.02.2014, 3 U 164/13, Tz. 62

Der Senat hält es in Abgrenzung zur Entscheidung des OLG Hamm vom 08.11.2011 nicht für erforderlich, ausdrücklich den exakten prozentualen Anteil der von der Garantie nicht umfassten Preisbestandteile anzugeben. Das Ausmaß des variabel bleibenden Teils wird für den Verbraucher nicht von kaufentscheidender Bedeutung sein, weil er nicht weiß, wie sich dieser Anteil in Zukunft verändern, insbesondere erhöhen wird. Gleichzeitig weiß der Verbraucher auch, dass hierzu weder der Stromanbieter noch dessen Mitbewerber konkrete Angaben machen kann, da dies ausschließlich von der Entwicklung der gesetzlichen Abgaben und Steuern abhängt. Die Kenntnis der variabel bleibenden Quote innerhalb des Gesamtpreises erscheint auch dem Senat eine allenfalls theoretisch interessante Information, die kaum einen darüber hinausgehenden praktischen Erkenntniswert hat.

 

Siehe zum Begriff der Preisgarantie