Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

Redaktionell getarnte Werbung

Redaktionell getarnte Werbung

1. Abgrenzung redaktioneller Werbung von redaktionell getarnter Werbung

2. Grundsatz: Werbung muss als solche erkennbar sein

3. Pflicht zur Kennzeichnung redaktionell erscheinender Werbung als Werbung

4. Hinweise wie Anzeige, Werbung, Promotion

a. Kennzeichnung mit 'Anzeige'

b. Kennzeichnung mit 'Anzeigen-Forum'

b. Kennzeichnung mit 'Promotion'

c. Kennzeichnung mit 'Werbung'

In der Medienlandschaft sind Werbeformen weit verbreitet, in denen die Grenzen zwischen der redaktionellen Berichterstattung und der Werbung verschwimmen. Dem will eigentlich § 5a Abs. 4 UWG vorbeugen.

Abgrenzung redaktioneller Werbung von redaktionell getarnter Werbung

Die redaktionell getarnte Werbung ist von der redaktionellen Werbung abzugrenzen. Bei der redaktionellen Werbung liegt ein redaktioneller Beitrag vor, der (auch) übermäßig Werbung enthält. Bei der redaktionell getarnte Werbung geht es um eine Werbeanzeige, die wie ein redaktioneller Beitrag aussieht.

Für die redaktionell getarnte Werbung gilt:

Grundsatz: Werbung muss als solche erkennbar sein

BGH, Urt. v. 1.7.2010, I ZR 161/09, Tz. 22 - Flappe

Erkennt der Leser die Zugehörigkeit eines redaktionell erscheinenden Textes zu einer Werbeanzeige, so erliegt er keinen Fehlvorstellungen über die Neutralität der dort vorhandenen Aussagen.

OLG Köln, Urt. v. 9.8.2013, 6 U 3/13, Tz. 10

Bezogen auf den einzelnen Beitrag genügt es nicht, dass der durchschnittliche Adressat nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags die werbliche Wirkung erkennt. Denn dies schließt nicht aus, dass er den Beitrag erst deshalb eingehender beachtet, weil er irrig annimmt, es handele sich um die unabhängige Äußerung einer Redaktion. ... Es genügt nicht, dass der Verkehr die positive Beschreibung des Produkts erkennt; er muss vielmehr sofort und zweifelsfrei erkennen, dass diese Beschreibung der Produktwerbung dient und nicht von der Redaktion verantwortet ist.

Ebenso OLG Karlsruhe, Urt. v. 8.4.2015, 6 U 24/15 (= WRP 2015, 898)

OLG Köln, Urt. v. 9.8.2013, 6 U 3/13, Tz. 11

Bei der Bewertung, ob der werbliche Charakter des Beitrags für den durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher eindeutig, unmissverständlich und auf den ersten Blick als solcher hervortritt, ist nicht auf den Durchschnitt der Bevölkerung, sondern auf einen durchschnittlichen Angehörigen der primär angesprochenen Verkehrskreise abzustellen.

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Pflicht zur Kennzeichnung redaktionell erscheinender Werbung als Werbung

OLG Hamburg, Urt. v. 13.6.2013, 3 U 15/12, B.I.1.b

Wird in einer Zeitschrift der redaktionelle Teil mit Werbung vermischt, ist im Allgemeinen eine Irreführung anzunehmen (BGH, GRUR 1997, 907, 909 - Emil-Grünbär-Klub; BGH GRUR 1997, 914, 916 - Die Besten II). Dies gilt unabhängig davon, ob der Beitrag gegen Entgelt oder im Zusammenhang mit einer Anzeigenwerbung geschaltet wurde (BGH, GRUR 1994, 821, 822 - Preisrätselgewinnauslobung I).

Besteht die Gefahr, dass der Durchschnittsverbraucher Werbung nicht als solche erkennt, muss die Werbung deutlich als Werbung oder ähnliches gekennzeichnet sein, zum Beispiel durch den deutlichen sichtbaren Hinweis "Anzeige" (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, § 4, Rdn. 3.20).

OLG Karlsruhe, Urt. v. 8.8.2009, 4 U 31/08, II.2.c

Anzeigen in Zeitungen oder Zeitschriften sind in der Regel schon durch Anordnung, Text und graphische Gestaltung eindeutig als solche zu erkennen. Ist dies nicht der Fall, weil die Gestaltung und die Art des Werbetextes einem redaktionellen Text ähnelt, muss der Werbecharakter auf andere Weise dem Leser verdeutlicht werden. Hintergrund der Regelung in § 4 Nr. 3 (alt) UWG ist, dass Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer kommerziellen Annäherungen vielfach skeptisch gegenüber stehen. Um solche Barrieren zu überwinden, wird vielfach versucht, Werbung zu tarnen, also den werbenden Charakter eines Textes für den Leser eines Presseorgans zu verheimlichen. Denn Verbraucher und andere Marktteilnehmer messen objektiv neutralen Handlungen - redaktionellen Beiträgen und Texten - typischerweise eine größere Bedeutung und Beachtung bei als entsprechenden, ohne Weiteres als Werbung erkennbaren Angaben des Werbenden selbst. Durch die strikte Unterscheidung zwischen redaktionellem Text und Werbung gemäß § 4 Nr. 3 (alt) UWG soll der Leser des Textes von vornherein die Möglichkeit erhalten, sich auf den kommerziellen Charakter einer Werbeanzeige einzustellen.

OLG Hamburg, Beschl. v. 28.6.2010, 5 W 80/10

Die Kennzeichnung muss derart sein, dass beim situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsleser kein Zweifel am werblichen Charakter des Beitrags aufkommen kann. Zu einer Irreführung des Verbrauchers kommt es nicht, wenn der Werbecharakter des redaktionellen Beitrags für den Verbraucher eindeutig erkennbar ist. Die Erkennbarkeit kann sich unmittelbar aus dem Inhalt ergeben.

OLG Hamburg, Beschl. v. 19.6.2012, 5 W 58/12 (= WRP 2012, 1287, Tz. 6)

Soweit eine bezahlte Werbeanzeige durch die (irreführende) Verwendung von Gestaltungsmitteln, wie sie bei redaktionellen Beiträgen üblich sind, nicht klar und eindeutig ihren Werbecharakter erkennbar macht, muss zur Verhinderung einer Irreführung des Verbrauchers und zur Absicherung des Trennungsprinzips von Werbung und redaktionellen Beiträgen der Hinweis auf den Werbecharakter mit dem deutlich erkennbaren Wort „Anzeige“ erfolgen.

Besteht eine Werbung aus zwei oder mehr Seiten, die unterschiedlich gestaltet und nicht auf den ersten Blick als eine Werbeanzeige erkennbar sind, muss jede Seite deutlich als Werbung gekennzeichnet werden (OLG Karlsruhe, Urt. v. 8.4.2015, 6 U 24/15 (= WRP 2015, 898)).

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Hinweise wie Anzeige, Werbung, Promotion

Kennzeichnung mit 'Anzeige'

OLG München, Urt. v. 17.9.2009, 29 U 2945/09, II.2.a.bb

Eine Verschleierung liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild einer Anzeige so gestaltet wird, dass die angesprochenen Verbraucher sie nicht klar und eindeutig als solche erkennen. Maßgebend ist dabei die Sichtweise des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers. Eine Veröffentlichung gegen Entgelt ist als Anzeige kenntlich zu machen hat, wenn sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als solche zu erkennen ist. Diese Verpflichtung soll sicherstellen, dass der Werbecharakter einer bezahlten Veröffentlichung dem durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Leser ohne Weiteres erkennbar ist. Ist der Werbetext als redaktioneller Beitrag aufgemacht, sind an die Kennzeichnung als Werbung hohe Anforderungen zu stellen; der Hinweis muss nach Schriftart, Schriftgröße, Platzierung und Begleitumständen ausreichend deutlich sein, um eine Irreführung zu vermeiden.

Üblich, aber nicht immer ausreichend ist die Kennzeichnung mit dem Wort 'Anzeige'.

OLG Hamburg, Beschl. v. 28.6.2010, 5 W 80/10

Bei schriftlichen Beiträgen kann die Erkennbarkeit aus der Kennzeichnung als „Anzeige“ oder durch einen vergleichbaren Begriff folgen.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 8.7.2010, 4 U 4/10

Wenn eine Werbeanzeige nach ihrer äußeren Gestaltung einem redaktionellen Beitrag ähnelt, wird die Irreführung durch eine drucktechnisch und nach den Umständen ausreichende Kennzeichnung als Anzeige vermieden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Schriftgröße des Hinweises zwar nicht der Größe der Überschrift und den Bildtiteln ("vorher", "nachher"), aber dem Textblock unmittelbar unter der Überschrift entspricht. Einem durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Leser ist der Werbecharakter bei der gewählten Gestaltung einer Produktplatzierung im Text ohne Weiteres erkennbar. Die Werbung muss deshalb nicht mit einem nach Schriftart, Schriftgröße, Platzierung und nach den Begleitumständen ausreichend deutlichen Hinweis gekennzeichnet werden, ohne dass es auf die Frage der schlechten Lesbarkeit des Schriftzugs "Anzeige" im rechten oberen Eck ankommt.

Die Kennzeichnung als Anzeige ist u.a. in folgenden Fällen als nicht ausreichend angesehen worden.

OLG Hamburg, Beschl. v. 19.6.2012, 5 W 58/12 (= WRP 2012, 1287, Tz. 9)

Eine formale Kennzeichnung des Textes als „Anzeige“ reicht nach der Rechtsprechung dann nicht aus, wenn der Leser sie übersieht oder jedenfalls nicht dem Text zugeordnet. Angesichts der nahezu identischen Aufmachung der Werbung als Cover der Zeitschrift „TV Hören und Sehen“ hält der Senat es für überwiegend wahrscheinlich, dass der Anzeigenhinweis von maßgeblichen Teilen des angesprochenen Verkehrs übersehen wird, obwohl dieser in gut lesbare Schrift auf der Vorderseite steht. Gleichwohl wird dieser Hinweis leicht übersehen, weil die Aufmachung der übrigen Seite mehrere Blickfänge (…) enthält, die die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich ziehen und der Leser am oberen rechten Rand eines Zeitschriftencovers üblicherweise nur Informationen von nachrangiger Bedeutung (z. B. Ausgabenummer und Zeitraum) erwartet.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.10.2006, 6 U 109/06

Wird auf einer Zeitungsseite neben einer als solche erkennbaren Werbeanzeige eine redaktionell aufgemachte Anzeige abgedruckt, so reicht es nicht aus, lediglich die ganze Seite mit dem Begriff "Anzeige" oder "Anzeigen" zu kennzeichnen, um deutlich zu machen, dass es sich bei dem redaktionell gestalteten Teil um eine bezahlte Anzeige handelt.

OLG Hamburg, Urt. v. 16.11.2011, 5 U 58/11 (= WRP 2012, 476)

Der Hinweis „Anzeige“ rechts oben auf der Seite reicht im konkreten Fall nicht aus, um die erforderliche eindeutige Erkennbarkeit des werbenden Charakters zu bewirken. Dieser Hinweis ist zum einen in sehr kleiner Schriftgröße (6- oder 7-Punkt) und zum anderen im einem sehr hellen Grau gehalten, so dass er sich farblich kaum vom weißen Untergrund der Seite abhebt.

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Kennzeichnung mit 'Anzeigen-Forum'

OLG Schleswig, Urt. v. 29.12.2011, 6 U 30/11 (Pressemitteilung)

Ein Zeitungsverlag aus Schleswig-Holstein handelt nicht wettbewerbswidrig, wenn er auf einer Zeitungsseite, die deutlich mit "Anzeigen-Forum" überschrieben ist, Anzeigen in derselben Form wie Redaktionsbeiträge veröffentlicht. Nach einem Urteil des 6. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts aus der letzten Woche liegt kein Wettbewerbsverstoß vor, weil ein Leser der Zeitung die Werbeanzeige von den redaktionellen Beiträgen in der Zeitung ausreichend unterscheiden kann.

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Kennzeichnung mit 'Promotion'

OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.9.2010, I-20 U 124/09

Die Überschrift "Promotion" ist nicht eindeutig im Sinne eines Hinweises auf bezahlte Fremdwerbung, denn selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Durchschnittsleser diesen Hinweis richtig als "Förderung" versteht und zwar als Absatzförderung, lässt dies nicht erkennen, dass für diese "Promotion" Geld bezahlt wurde. Auch die Redaktion einer Zeitschrift kann sich nämlich entschließen, ein bestimmtes Produkt zu fördern bzw. zu "promoten", so dass der entgeltliche Charakter, der Werbecharakter, selbst bei richtigem Verständnis des Begriffs "Promotion" nicht eindeutig klar wird.

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Kennzeichnung mit 'Werbung'

OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013, 6 U 132/12, Tz. 29

Ein derartiger Hinweis muss nach Schriftart, Schriftgröße, Platzierung, Kontrast und Begleitumständen ausreichend deutlich sein, um eine Irreführung zu vermeiden. Der oberhalb der beiden Werbebanner eingeblendete Begriff „Werbung“ besteht aus in unscheinbarem Weiß gehaltenen Lettern und weist eine geringe, hinter dem Werbetext um ein Vielfaches zurückbleibende Schriftgröße auf. Zudem ist er nicht zentral mittig, sondern unauffällig am linken Rand über dem langgezogenen Rechteck platziert. Angesichts dessen ist nicht sichergestellt, dass der von der auffälligen grafischen Gestaltung der Bannerwerbung angezogene kindliche Nutzer die textliche Kennzeichnung als Werbung wahrnimmt, bevor er das Werbebanner anklickt und weitere Informationen über das beworbene Produkt- oder Dienstleistungsangebot erhält.

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