Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

Der Newsletter zum UWG
Registrieren Sie sich hier !


 

 

(5) Tabakwaren

Das Vorläufige Tabakgesetz (VTabakG) wurde mit Wirkung vom 20.5.2016 durch das Tabakerzeugnisgesetz (TabakerzG) ersetzt. Das TabakerzG wird durch die TabakerzV ergänzt. Zu beachten ist auch die Tabakproduktrichtlinie (TPRL). Zu § 10 JuSchG siehe hier.

Sinn und Zweck

OLG München, Urt. v. 25.7.2019, 29 U 2440/18, B.II.1.e - Verdeckter Warnhinweis

Die Kennzeichnungsvorschriften der TPRL dienen dazu, dem Verbraucher nachdrücklich und anschaulich die mit dem Rauchen verbundenen, erheblichen Gesundheitsrisiken vor Augen zu führen. Durch die vorgeschriebene Ausgestaltung der gesundheitsbezogenen Warnhinweise soll daher zum einen die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass diejenigen Verbraucher, die sich bereits zum Kauf der von den Kennzeichnungsvorschriften erfassten Tabakerzeugnisse entschlossen haben, bei jedem Griff zur Zigarette animiert werden, aufzuhören. Zum anderen sollen potentielle Käufer bereits vor ihrer Kaufentscheidung an die mit dem Produktkonsum verbundenen Gefahren erinnert werden.

Historie

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 14 - Tabakwerbung im Internet

Das vorläufige Tabakgesetz ist mit Wirkung vom 20. Mai 2016 durch das Tabakerzeugnisgesetz (BGBl. I 2016, S. 569) ersetzt worden. Die bisherigen Verbote der Werbung für Tabak in § 21a Abs. 2 bis 4 und § 22 VTabakG sind nunmehr in § 19 Abs. 2 und 3 sowie § 21 Abs. 1 TabakErzG geregelt, wobei die Definitionen des § 21a Abs. 1 VTabakG jetzt in einer gesonderten Vorschrift über sonstige Begriffsbestimmungen in § 2 TabakErzG enthalten sind. Inhaltliche Änderungen haben sich durch diese Neuregelung nicht ergeben. 

§ 6 TabakErzG

BGH, Urt. v. 26.10.2023, I ZR 176/19, Tz. 26 – Zigarettenausgabeautomat III

Nach § 6 Abs. 1 TabakerzG dürfen Tabakerzeugnisse nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die Packungen und Außenverpackungen mit den gesundheitsbezogenen Warnhinweisen versehen sind, die die Tabakerzeugnisverordnung für das jeweilige Erzeugnis vorschreibt. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 TabakerzG ermächtigt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, zur Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Union Inhalt, Art und Weise, Umfang und das Verfahren der Kennzeichnung mit gesundheitsbezogenen Warnhinweisen zu regeln. Auf dieser Grundlage ist in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 TabakerzV bestimmt, dass gesundheitsbezogene Warnhinweise im Sinne der §§ 12 bis 17 TabakerzV auf Packungen und Außenverpackungen zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens, einschließlich des Anbietens zum Verkauf, nicht teilweise oder vollständig verdeckt oder getrennt werden dürfen. Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU um und ist deshalb unionsrechtskonform auszulegen (BGH, GRUR 2020, 1002, Tz. 17 f. - Zigarettenausgabeautomat I). Gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf einer Packung und der Außenverpackung unablösbar aufgedruckt, unverwischbar und vollständig sichtbar sind und dass sie, wenn die Tabakerzeugnisse in Verkehr gebracht werden, nicht teilweise oder vollständig durch Steuerzeichen, Preisaufkleber, Sicherheitsmerkmale, Hüllen, Taschen, Schachteln oder sonstige Gegenstände verdeckt oder getrennt werden.

Bereits in der Warenpräsentation liegt ein Inverkehrbringen:

KG, Urt. v. 29.11.2023, 23 U 48/18

Bereits bei der Warenpräsentation handelt es sich um ein Inverkehrbringen, — wie der EuGH nunmehr … klargestellt hat.  Zu diesem Zeitpunkt müssen auch die Regelungen der Kennzeichnungspflicht uneingeschränkte Gültigkeit haben.

BGH, Urt. v. 26.10.2023, I ZR 176/19, Tz. 27 – Zigarettenausgabeautomat III

Das Verbot des Verdeckens gesundheitsbezogener Warnhinweise gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 TabakerzV und Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU fällt in den Anwendungsbereich der Bestimmungen gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 UWG aF und § 5a Abs. 1, § 5b Abs. 4 UWG nF. Dem steht nicht entgegen, dass das Verdeckungsverbot der Gewährleistung von Integrität und Sichtbarkeit der gesundheitsbezogenen Warnhinweise und der Maximierung ihrer Wirkung dient (vgl. BGH, GRUR 2020, 1002, Tz. 31 - Zigarettenausgabeautomat I, mwN) und diese Warnhinweise gerade nicht die unmittelbare oder mittelbare Förderung des Absatzes von Tabakerzeugnissen bezwecken, sondern - im Gegenteil - im Interesse des Schutzes der menschlichen Gesundheit einem von den Packungen der Tabakerzeugnisse oder ihren Außenverpackungen ausgehenden Kaufimpuls gerade entgegenwirken sollen (…).

EuGH, Urt. v. 9.12.2021, C-370/20, Tz. 20, 31 - Pro Rauchfrei/JS

Aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 8 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2014/40 geht hervor, dass auf allen Bildern von Packungen und Außenverpackungen, die für Verbraucher in der Union bestimmt sind, die in den Bestimmungen von Titel II Kapitel II der Richtlinie 2014/40 vorgesehenen gesundheitsbezogenen Warnhinweise zu sehen sein müssen. ...

Der Ausdruck „Bilder von Packungen“ im Sinne von Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40 ist dahin zu verstehen, dass er auch die Bilder umfasst, die ein Verbraucher aufgrund ihrer Gestaltung hinsichtlich Umrissen, Proportionen, Farben und Markenlogo mit solchen Packungen assoziiert. Allerdings ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu klären, ob es sich im Ausgangsverfahren bei den Bildern von Zigarettenmarken auf den Auswahltasten der dort in Rede stehenden Ausgabeautomaten um Bilder handelt, die ein Verbraucher aufgrund ihrer Gestaltung mit Packungen von Tabakerzeugnissen assoziiert.

Mit eingehender Begründung. Endurteil des BGH: BGH, Urt. v. 26.10.2023, I ZR 176/19 – Zigarettenausgabeautomat III. Zum Verfahren siehe auch BGH, Beschl. v. 25.6.2020, I ZR 176/19 - Zigarettenausgabeautomat; OLG München, Urt. v. 25.7.2019, 29 U 2440/18, B.II.1.a - Verdeckter Warnhinweis

Zur Abbildung einer Zigarettenpackung auf einem Ausgabeautomaten im Supermarkt:

EuGH, Urt. v. 9.12.2021, C-370/20, Tz. 36 - Pro Rauchfrei/JS

Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40 ist dahin auszulegen, dass ein Bild einer Zigarettenpackung, das unter diese Bestimmung fällt, auf dem aber nicht die gesundheitsbezogenen Warnhinweise gemäß Titel II Kapitel II der Richtlinie zu sehen sind, selbst dann nicht mit dieser Bestimmung vereinbar ist, wenn der Verbraucher vor dem Erwerb der Zigarettenpackung die Gelegenheit hat, diese Warnhinweise auf der dem Bild entsprechenden Zigarettenpackung wahrzunehmen.

Siehe dazu auch BGH, Beschl. v. 25.6.2020, I ZR 176/19 - Zigarettenausgabeautomat; OLG München, Urt. v. 25.7.2019, 29 U 2440/18, B.II.1.a - Verdeckter Warnhinweis

EuGH, Urt. v. 9.3.2023, C-356/22, Tz. 23 – Pro Rauchfrei

Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40 ist dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Inverkehrbringen“ im Sinne dieser Bestimmung das Anbieten von Tabakerzeugnissen über Warenausgabeautomaten erfasst, in denen die Packungen dieser Produkte derart vorrätig gehalten werden, dass sie von außen nicht sichtbar sind.

EuGH, Urt. v. 9.3.2023, C-356/22, Tz. 35 – Pro Rauchfrei

Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40 ist dahin auszulegen, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf einer Packung oder einer Außenverpackung eines Tabakerzeugnisses nicht allein deshalb im Sinne dieser Vorschrift „verdeckt“ sind, weil dieses Erzeugnis in einem Warenausgabeautomaten vorrätig gehalten wird und deshalb von außen überhaupt nicht sichtbar ist.

Im  Anschluss der BGH:

BGH, Urt. v. 26.10.2023, I ZR 176/19, Tz. 35 f – Zigarettenausgabeautomat III

Da Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU nicht ausdrücklich den Fall regelt, dass zwar auf den Packungen oder Verpackungen von Tabakerzeugnissen gesundheitsbezogene Warnhinweise aufgebracht sind, diese Erzeugnisse aber derart in einem Behältnis eingeschlossen vorrätig gehalten werden, dass sie von außen nicht sichtbar sind, ist diese Bestimmung unter Berücksichtigung des Wortlauts, des Kontextes und der Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden, auszulegen (EuGH, GRUR 2023, 501, Tz. 26 bis 28 - Pro Rauchfrei II). Danach sind die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf einer Packung oder einer Außenverpackung eines Tabakerzeugnisses nicht allein deshalb im Sinne dieser Vorschrift "verdeckt", weil dieses Erzeugnis in einem Warenausgabeautomaten vorrätig gehalten wird und deshalb von außen überhaupt nicht sichtbar ist (EuGH, GRUR 2023, 501 [juris Rn. 35] - Pro Rauchfrei II).

Nach dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU ist das Merkmal des Verdeckens auf die gesundheitsbezogenen Warnhinweise und nicht auf die Packungen als solche bezogen. Mit Blick auf die in Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU erwähnten "sonstigen Gegenstände", durch die die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf einer Packung oder Außenverpackung eines Tabakerzeugnisses nicht verdeckt werden dürfen, ist überdies zu berücksichtigen, dass die in diesem Zusammenhang nicht abschließend aufgezählten Gegenstände, nämlich Steuerzeichen, Preisaufkleber, Sicherheitsmerkmale, Hüllen, Taschen und Schachteln, allesamt geeignet sind, entweder unmittelbar auf der Packung oder Außenverpackung eines Tabakerzeugnisses angebracht zu werden oder diese zu umschließen. Dagegen vermag keiner dieser Gegenstände eine solche Packung für die Öffentlichkeit vollkommen unzugänglich oder unsichtbar zu machen, wie dies der Fall ist, wenn sie in einem Behältnis wie etwa dem hier in Rede stehenden Warenausgabeautomaten vorrätig gehalten wird (vgl. EuGH, GRUR 2023, 501, Tz. 30 - Pro Rauchfrei II).

BGH, Urt. v. 26.10.2023, I ZR 176/19, Tz. 40 – Zigarettenausgabeautomat III

Gemäß § 11 Abs. 2 TabakerzV müssen Abbildungen von Packungen und Außenverpackungen, die für an Verbraucher gerichtete Werbemaßnahmen in der Europäischen Union bestimmt sind, den Anforderungen des Unterabschnitts 3 der Tabakerzeugnisverordnung genügen, in dem Bestimmungen zur Verpackung und zu Warnhinweisen getroffen sind. Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU um und ist deshalb unionsrechtskonform auszulegen. Gemäß Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU müssen Bilder von Packungen und Außenverpackungen, die für Verbraucher in der Union bestimmt sind, den Bestimmungen des die Kennzeichnung und Verpackung regelnden Kapitels II des Titels II (Tabakerzeugnisse) der Richtlinie entsprechen.

BGH, Urt. v. 26.10.2023, I ZR 176/19, Tz. 44 ff – Zigarettenausgabeautomat III

Das Bild einer Packung im Sinne von Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU bzw. eine Abbildung einer Packung gemäß § 11 Abs. 2 TabakerzV liegt auch dann vor, wenn es sich bei dem Bild zwar nicht um ein naturgetreues Abbild der Originalverpackung handelt, der Verbraucher die Abbildung aber aufgrund seiner Gestaltung hinsichtlich Umrissen, Proportionen, Farben und Markenlogo mit einer Tabakverpackung assoziiert (EuGH, GRUR 2022, 92, Tz. 32 - Pro Rauchfrei I).

Der Begriff "Bilder von Packungen" und der Begriff "Abbildung von Packungen" werden weder in der Richtlinie 2014/40/EU noch in der Tabakerzeugnisverordnung definiert, so dass ihre Bedeutung anhand ihres Sinns nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch und unter Berücksichtigung des Kontextes, in der sie verwendet werden, und der mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgten Ziele zu bestimmen ist (EuGH, GRUR 2022, 92, Tz. 22 - Pro Rauchfrei I).

Der gewöhnliche Sinn des Begriffs "Bild" erfasst nicht nur getreue Abbildungen einer Sache, sondern auch die Nachahmung der Form der damit wiedergegebenen Sache. Die vom Unionsgesetzgeber gewählten Begriffe … haben in den verschiedenen Sprachen eine Bedeutung, die sich auf eine Nachahmung von Umrissen, Proportionen, Farben und Formen des wiedergegebenen Gegenstands erstreckt. Daraus folgt, dass der Begriff "Bild" im Sinn dieser Bestimmung dahin zu verstehen ist, dass er zwar naturgetreue Wiedergaben der Verpackungen von Tabakerzeugnissen umfasst, jedoch nicht auf solche Wiedergaben beschränkt ist (vgl. EuGH, GRUR 2022, 92, Tz. 23 f. - Pro Rauchfrei I).

Zum Verdecken durch Anbringung von Produktkarten vor den Zigarettenpackungen im Kassenbereich eines Geschäftslokals:

KG, Urt. v. 29.11.2023, 23 U 48/18

Das Verdeckungsverbot gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU dient ausweislich des Erwägungsgrunds 28 der Richtlinie der Gewährleistung von Integrität und Sichtbarkeit der gesundheitsbezogenen Warnhinweise und der Maximierung ihrer Wirkung (vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.2016 — C-547/14, Tz. 197 — Philip Morris Brands). Daraus ergibt sich, dass mit dem Verdeckungsverbot gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU sichergestellt werden soll, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise vom Verbraucher wahrgenommen und von ihm im Rahmen seiner Kaufentscheidung berücksichtigt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 25.6.2020, I ZR 176/19 — Tz. 31). Dementsprechend hat auch der EuGH auf den zweiten Vorlagebeschluss des BGH ausgeführt, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise, die auf den Packungen der Tabakerzeugnisse oder ihren Außenverpackungen zu sehen sein müssen, dem Kaufimpuls entgegenwirken sollen, der angesichts einer solchen Packung oder eines Bilds von dieser bei dem Verbraucher hervorgerufen wird (vgl. EuGH, Urt. v. 9.3.2023, C-356/22, Tz. 33 — Pro Rauchfrei II). Genau dieser Zweck ist hier betroffen. In der Auslage der Regale ist durch die Produktkarten nur ein Teil der Packungen zu sehen, der insbesondere die „Schockbilder" nicht enthält. Die Verbraucher sehen damit die Packung ohne den entsprechenden Warnhinweis und treffen auf dieser Grundlage ihre Kaufentscheidung.

KG, Urt. v. 29.11.2023, 23 U 48/18

Wenn es sich — wie der EuGH nunmehr … klargestellt hat — bereits bei der Warenpräsentation um ein Inverkehrbringen handelt, müssen auch die Regelungen der Kennzeichnungspflicht zu diesem Zeitpunkt uneingeschränkte Gültigkeit haben. Es kann deshalb keinen Unterschied machen, ob die erste in einer jeweiligen Reihe befindliche Schachtel von einer Tasche oder Hülle überdeckt ist oder mit einer Produktkarte.

Werbeverbote

§§ 18 ff TabakerzG enthalten Werbeverbote.

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 19 - Tabakwerbung im Internet

Dieser Begriff der Werbung erfasst ausdrücklich auch eine kommerzielle Kommunikation, die den Verkauf eines Tabakerzeugnisses indirekt fördert (BGH, GRUR 2011, 631 Rn. 17 - Unser wichtigstes Cigarettenpapier). Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler eine solche indirekte Werbewirkung darin gesehen, dass durch die Abbildung von vier gut gelaunten Personen, die die von der Beklagten verkauften Produktarten (Schnupftabak, Zigarettentabak, Zigaretten und Pfeifentabak) in der Hand halten, diese Produkte dem Besucher der Internetseite der Beklagten näher gebracht und als attraktiv dargestellt werden sollen.

OLG Hamm, Urt. v. 31.10.2023, 4 U 150/21, Tz. 121

Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3, Abs. 4 TabakerzG sind bei der Werbung für Liquids werbliche Informationen, die sich auf Zusatzstoffe oder deren Fehlen beziehen, untersagt. Gegen dieses Verbot verstößt die Werbeaussage, das Liquid enthalte „keine suchtverstärkenden Zusatzstoffe“.

OLG Hamm, Urt. v. 31.10.2023, 4 U 150/21, Tz. 127

Indem die Beklagte auf den Faltschachteln angibt, das Liquid enthalte „keinen Teer und kein Kohlenmonoxid“, wirbt sie mit einen Teer- und Kohlenmonoxidgehalt von „Null“ und verstößt damit gegen das in § 18 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 TabakerzG ausgesprochene Verbot.

OLG Hamm, Urt. v. 31.10.2023, 4 U 150/21, Tz. 140

Der angesprochene Verkehr, zu dem die erkennenden Senatsmitglieder als Verbraucher ebenfalls gehören, versteht die Werbeaussage „Nikotinkonzentrat in gereinigter Arzneimittelqualität (Ph. Eur. Qualität)“ dahin, dass es sich bei dem von der Beklagten verwendeten Nikotinkonzentrat um ein besonders reines Nikotinkonzentrat handelt, das in besonderem Maße frei von möglicherweise schädlichen Beimengungen oder Rückständen anderer Stoffe ist. Den Umstand, dass die Beklagte auf die „gereinigte Arzneimittelqualität (Ph. Eur. Qualität)“ besonders hinweist und sich nicht darauf beschränkt, in der Zutatenliste des Produktes das Wort „Nikotinkonzentrat“ aufzuführen, wertet der angesprochene Verkehr dahin, dass es sich bei dem von der Beklagten verwendeten Nikotinkonzentrat im Vergleich zu dem Nikotinkonzentrat anderer Hersteller um einen qualitativ besonders hochwertigen, besonders reinen Stoff handelt. Im Ergebnis wirbt die Beklagte mit der streitgegenständlichen Werbeaussage also damit, dass ihr Produkt wegen der besonderen Reinheit des von ihr verwendeten Nikotinkonzentrates weniger schädlich als die Liquids anderer Hersteller ist, und verstößt damit gegen § 18 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 TabakerzG.

Bei Liquids für e-Zigaretten ist Art. 35 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen(CLP-VO) zu beachten.

OLG Hamm, Urt. v. 31.10.2023, 4 U 150/21, Tz. 109, 113 f

Nach Art. 35 Abs. 2 Unterabsatz 1 CLP-VO dürfen Verpackungen eines gefährlichen Stoffes oder Gemisches, der/das an die breite Öffentlichkeit abgegeben wird, keine Form und kein Design haben, die/das die aktive Neugier von Kindern wecken oder anziehen könnte. ...

Zweck der CLP-VO ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit. Diese Zielsetzung gebietet es, Art. 35 Abs. 2 Unterabsatz 1 CLP-VO dahin auszulegen, dass die Vorschrift Kinder auch dann schützen soll, wenn diese im Umfeld (z.B. im Privathaushalt) einer Person, die das Produkt legal erworben hat, mit der Produktverpackung in Kontakt kommen. …

Das in Art. 35 Abs. 2 Unterabsatz 1 CLP-VO ausgesprochene Designverbot ist darüber hinaus vergleichsweise weit gefasst: Verboten ist bereits ein Design, das lediglich die aktive Neugier von Kindern wecken oder anziehen könnte. … Die auf den Faltschachteln in ansprechenden Arrangements und in ansprechender Farbgebung abgebildeten Süßigkeiten (Karamell, Schokolade, Vanilleeis) und sonstigen Lebensmittel (frisch und appetitlich aussehende Beeren) gehören zu den Gegenständen, die für Kinder, insbesondere kleinere Kinder, typischerweise besonders interessant sind. Kinder, insbesondere kleinere Kinder, unterliegen einem besonderen Reiz, sich mit diesen Gegenständen aktiv näher zu befassen.

§§ 21 - 22a VTabakG enthielten ebenfalls Werbeverbote. Entscheidungen zum VTabakG/TabakErzG:

§ 19 TabakErzG / § 21 a VTabakG

§ 19 TabakErzG

OLG Saarbrücken, Urt. v. 9.9.2021, 1 U 68/20, II.2.a.aa

Nach § 19 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 TabakErzG ist jede Werbung für E-Zigaretten oder Nachfüllbehälter in Diensten der Informationsgesellschaft, mithin wie hier im Internet, verboten. Werbung in diesem Sinne ist gemäß § 2 Nr. 5 TabakErzG jede Art kommerzieller Kommunikation mit dem Ziel oder mit der direkten oder indirekten Wirkung, den Verkauf eines Erzeugnisses zu fördern. Bei dem von der Beklagten verwendeten Button handelt es sich eindeutig um Imagewerbung. Der Button mit dem Logo „E.“ schreibt den vertriebenen E-Zigaretten positive Wirkungen zu. Der Betrachter versteht den Text in dem Logo so, dass der Konsum von E-Zigaretten positiv sei, da er Leben rette. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Aussage, ist eine solche Werbung für E-Zigaretten im Internet verboten.

OLG Saarbrücken, Urt. v. 9.9.2021, 1 U 68/20, II.2.a.cc

Zweck des Werbeverbots des § 19 TabakErzG ist unter anderem der Gesundheits- und Jugendschutz (vgl. auch BT-Drs. 18/7218, S. 33). … Dem Gesetzgeber geht es bei dem Werbeverbot des § 19 Abs 2 S. 1, Abs. 3 TabakErzG nicht darum, Tabakraucher zum Konsum von möglicherweise weniger schädlichen E-Zigaretten zu bewegen, sondern darum, aus Gründen des Gesundheits- und Jugendschutzes Verbraucherinnen und Verbraucher insgesamt möglichst wenig Anreize zu bieten, sowohl Tabakerzeugnisse als auch elektronische Zigaretten zu konsumieren.

§ 21a VTabakG (a.F.)

BGH, Urt, v. 18.11.2010, I ZR 137/09, Tz. 12 - Unser wichtigstes Zigarettenpapier

§ 21a VTabakG dient der Umsetzung der Richtlinie 2003/33/EG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen. Für die Auslegung des § 21a VTabakG ist deshalb die zu dieser Richtlinie ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union maßgeblich. Danach erfasst der Begriff „gedruckte Veröffentlichungen“ in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie nur Veröffentlichungen wie Zeitungen, Zeitschriften und Magazine, die sich an die breite Öffentlichkeit richten, nicht dagegen Mitteilungsblätter lokaler Vereine, Programmhefte kultureller Veranstaltungen, Plakate, Telefonbücher oder Hand- und Werbezettel (EuGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - C-380/03, Slg. 2006, I-11573 Rn. 84-86 = EuZW 2007, 46).

BGH, Urt, v. 18.11.2010, I ZR 137/09, Tz. 10 - Unser wichtigstes Zigarettenpapier

Die Vorschrift des § 21a Abs. 3 VTabakG ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 (alt) UWG. Der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 11 (alt) UWG beschränkt sich nicht auf solche Marktverhaltensregelungen, die eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion aufweisen, indem sie die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützen.

S.a. OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.1

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 16 - Tabakwerbung im Internet

Das Werbeverbot für Tabakerzeugnisse in Diensten der Informationsgesellschaft gemäß § 21a Abs. 4 VTabakG ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Vorschrift des § 21a Abs. 3 VTabakG eine Marktverhaltensregelung ist (BGH, Urt. v. 18.11.2010, I ZR 137/09, Tz. 10 - Unser wichtigstes Cigarettenpapier). Für § 21a Abs. 4 VTabakG, der das für die Presse und andere gedruckte Veröffentlichungen geltende Werbeverbot auf Dienste der Informationsgesellschaft erweitert, gilt nichts anderes. Ebenso sind die bestimmte Formen der Tabakwerbung erfassenden Verbote des § 22 Abs. 2 VTabakG Marktverhaltensregelungen (zu § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG vgl. BGH, Urt. v. 4.11.2010, I ZR 139/09, Tz. 34 - Biotabak).

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 14 - Tabakwerbung im Internet

§ 21a Abs. 1 Nr. 3 VTabakG verweist für die Definition des Begriffs "Dienste der Informationsgesellschaft" auf Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2003/33/EG, der wiederum auf Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. 1998 L 204, S. 37, geändert durch die Richtlinie 98/48/EG, ABl. 1998 L 217, S. 18) Bezug nimmt.

Weiteres zum Begriff der Dienste der Informationsgesellschaft siehe hier.

BGH, Urt, v. 18.11.2010, I ZR 137/09, Tz. 15 - Unser wichtigstes Zigarettenpapier

§ 21a Abs. 1 Nr. 1 VTabakG verweist zur Definition des Begriffs der Werbung auf Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2003/33/EG. Danach ist Werbung „jede Art kommerzieller Kommunikation mit dem Ziel oder der direkten oder indirekten Wirkung, den Verkauf eines Tabakerzeugnisses zu fördern“.

Ebenso BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 19 - Tabakwerbung im Internet; OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.1.a

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 18 - Tabakwerbung im Internet

Nach § 21a Abs. 3 Satz 1 VTabakG ist es verboten, für Tabakerzeugnisse in der Presse oder in einer anderen gedruckten Veröffentlichung zu werben. Gemäß Absatz 4 dieser Vorschrift gilt dieses Verbot entsprechend für die Werbung für Tabakerzeugnisse in Diensten der Informationsgesellschaft. Diese Regelungen setzen Art. 3 der Richtlinie 2003/33/EG vom 26. Mai 2003 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen (ABl. 2003 L 152, S. 6) in das deutsche Recht um. Nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2003/33/EG ist Werbung, die in der Presse und anderen gedruckten Veröffentlichungen nicht erlaubt ist, in Diensten der Informationsgesellschaft ebenfalls nicht gestattet.

BGH, Urt, v. 18.11.2010, I ZR 137/09, Tz. 16 - Unser wichtigstes Zigarettenpapier

Der Umstand, dass in der beanstandeten Anzeige nicht auf ein bestimmtes Tabakerzeugnis, sondern auf mehrere von der Beklagten vertriebene Tabakerzeugnisse Bezug genommen wird, ändert nichts daran, dass die Anzeige den Verkauf eines Tabakerzeugnisses zu fördern vermag. Dies lässt sich bereits dem Wortlaut der Bestimmung entnehmen; denn die Werbung für mehrere Tabakerzeugnisse stellt zwangsläufig auch eine Werbung für jedes einzelne Erzeugnis dar. Auch nach Sinn und Zweck der Regelung ist es auszuschließen, dass der Gesetzgeber mit der Verwendung des Singulars eine Förderung des Vertriebs von zwei oder mehr Tabakerzeugnissen aus der Definition der Werbung für Tabakerzeugnisse ausschließen wollte.

OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.1.a

Dadurch, dass in der Abbildung vier gut gelaunte Personen zu sehen sind, die genau die vier Arten der Produkte (Schnupftabak, Zigarettentabak, Zigaretten und Pfeifentabak) in der Hand halten, die von der Beklagten verkauft werden, tritt die Beklagte mit dem Webseitenbesucher in der Absicht in Kommunikation, ihm diese Produkte näher zu bringen bzw. diese als attraktiv darzustellen; insofern soll diese die Waren der Beklagten anpreisende Abbildung jedenfalls indirekt zum Kauf der Produkte anregen; dagegen ist der Nachweis einer konkreten Absatzsteigerung der angepriesenen Produkte nach Veröffentlichung der streitgegenständlichen Abbildung nicht erforderlich, da für die Werbewirkung die Eignung zur Verkaufsförderung ausreicht (vgl. BGH GRUR 2011, 631, Tz. 17 – Unser wichtigstes Cigarettenpapier).

Bestätigt durch BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16 

OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.1.c

Aufgrund der Verweisung durch § 21a Abs. 4 VTabakG auf die Verbotsnorm in § 21a Abs. 3 S. 1 VTabakG wird auch die Publikation der beanstandeten Werbung auf einer Unternehmenswebseite vom Verbot erfasst, da eine solche Unternehmenswebseite mit der in Abs. 3 genannten „Presse“ oder einer „anderen gedruckten Veröffentlichung“ vergleichbar ist. ...

... Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfasst der Begriff „gedruckte Veröffentlichungen” in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2003/33/EG nur Veröffentlichungen wie Zeitungen, Zeitschriften und Magazine, die sich an die breite Öffentlichkeit richten, nicht dagegen Mitteilungsblätter lokaler Vereine, Programmhefte kultureller Veranstaltungen, Plakate, Telefonbücher oder Hand- und Werbezettel (vgl. EuGH EuZW 2007, 46 Rn. 84-86; ebenso BGH GRUR 2011, 631 Rn. 12, 25 – Unser wichtigstes Cigarettenpapier).

Eine Vergleichbarkeit der Unternehmenshomepage der Beklagten mit den nicht unter den Begriff der anderen gedruckten Veröffentlichungen fallenden „Mitteilungsblätter lokaler Vereine, Programmhefte kultureller Veranstaltungen, Plakate, Telefonbücher oder Handund Werbezettel“ ist jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten gerade nicht gegeben, da sie sich eben nicht an einen von vornherein lokal beschränkten Interessenkreis wendet, sondern – der Natur einer Internetseite entsprechend – potentiell an Interessenten in der ganzen Welt (bzw. gemäß dem in Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2003/33/EG enthaltenen sowie vom Europäischen Gerichtshof angeführten Kriterium an eine „breite Öffentlichkeit“).

OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.1.d

Eine Tabakunternehmenswebseite ist nicht mit einer Fachzeitschrift, die gem. § 21a Abs. 3 S. 2 Nr. 3 lit. a) VTabakG „in ihrem redaktionellen Inhalt weit überwiegend Tabakprodukte oder ihrer Verwendung dienende Produkte betrifft“, zu vergleichen. In Abgrenzung zu den bereits von Nr. 1 erfassten Zeitschriften für im Tabakhandel tätige Personen, welche ebenfalls als Fachzeitschriften angesehen werden könnten sind demnach als von lit. a) erfasst (nur) solche Zeitschriften anzusehen, welche hersteller-, produkt- und markenübergreifend sowie journalistisch aufbereitet Reportagen, Interviews, Tests etc. für Tabakkonsumenten bieten. Über die Verweisung in § 21a Abs. 4 VTabakG werden daher entsprechende Tabakfachzeitschriften erfasst, welche (zusätzlich oder ausschließlich) online veröffentlicht werden. Dagegen beschränkt sich eine Unternehmenswebseite wie die der Beklagten einerseits naturgemäß ausschließlich auf die Darstellung der eigenen Produktpalette mit dem Schwergewicht auf der reinen Informationsvermittlung und enthält andererseits häufig Auskünfte über den eigenen Unternehmensbereich wie etwa Presseinformationen, Unternehmenskennzahlen oder Informationen zu Tätigkeitsmöglichkeiten im Unternehmen, welche in Fachmagazinen regelmäßig nicht zu finden sind, so dass eine Unternehmenshomepage im Ergebnis mit einer „Fachzeitschrift“ nicht vergleichbar ist.

§ 22 VTabakG (a.F.)

BGH, Urt. v. 4.11.2010, I ZR 139/09, Tz. 24 - BIO TABAK

§ 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar. Der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 11 UWG ist nicht auf solche Marktverhaltensregelungen beschränkt, die eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne aufweisen, dass sie die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützen.

Ebenso OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.2.

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 36, 39 - Tabakwerbung im Internet

Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c VTabakG ist es verboten, in der Werbung für Tabakerzeugnisse unter anderem Darstellungen zu verwenden, die das Inhalieren des Tabakrauchs als nachahmenswert erscheinen lassen. ...

... Zwar verbietet § 22 Abs. 1 Buchst. c VTabakG jede Darstellung, die das Inhalieren nachahmenswert erscheinen lässt. An einer solchen Darstellung fehlt es aber, wenn eine beanstandete Abbildung einen Raucher zeigt, der nicht erkennbar inhaliert.

Das BGH-Urteil bestätigt:

OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.2.a

Das Verbot gem. § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. a) VTabakG betrifft u. a. Darstellungen, durch die der Eindruck erweckt wird, dass der Genuss oder die bestimmungsgemäße Verwendung von Tabakerzeugnissen gesundheitlich unbedenklich oder geeignet ist, die Funktion des Körpers, die Leistungsfähigkeit oder das Wohlbefinden günstig zu beeinflussen.

Soweit die beanstandete Abbildung lediglich vier Personen zeigt, welche Tabakprodukte in der Hand halten und dabei sichtbar gut gelaunt sind, kann darin nicht gleichzeitig eine Aussage im Hinblick auf eine gesundheitliche Unbedenklichkeit gesehen werden; die gute Laune und das Lachen der Personen kann (sofern man darin überhaupt einen Bezug zur Gesundheit der Personen sehen wollte) ohne Weiteres auf andere Umstände zurückzuführen sein, so dass darin – über die gute Laune hinaus – keinerlei spezifischer Aussagegehalt in eine bestimmte Richtung zum Ausdruck kommt. Ohnehin wird regelmäßig eine behauptete gesundheitliche Unbedenklichkeit in Werbung vornehmlich durch Wortattribute und nicht durch bildliche Darstellungen ausgedrückt werden.

... Aus dem systematischen Zusammenhang der (unbestimmten) Tatbestandsalternative „Wohlbefinden“ mit den Eigenschaften in § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. a) VTabakG ist zu verlangen, dass auch das Wohlbefinden gesundheitsbezogen oder leistungssteigernd zu verstehen ist.

OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.2.b

Nach § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. c) VTabakG sind Darstellungen verboten, die das Inhalieren des Tabakrauchs als nachahmenswert erscheinen lassen.

... Die Auffassung des Klägers, ein durchschnittlicher Betrachter werde bei der Darstellung eines Zigarette (oder Pfeife) rauchenden Menschen davon ausgehen, dass dieser den Rauch auch inhaliere, verfängt demgegenüber nicht: Zu berücksichtigen ist nämlich in diesem Zusammenhang, dass es neben der Rauchtechnik des Inhalierens, verstanden als Einatmen des Rauchs direkt in die Lunge, auch die (weniger gesundheitsschädliche) Technik des Paffens gibt, also das Verbringen des Rauchs lediglich in die Mundhöhle. Wenn also der Gesetzgeber bewusst nur die bestimmte (und gesundheitsschädlichere) Rauchtechnik des „Inhalierens“ als Anknüpfungspunkt des Verbotstatbestands anführt, kann die bloße Darstellung eines – wie vorliegend – eine Zigarette zwischen den Fingern haltenden, Rauch ausstoßenden bzw. eines eine Pfeife in der Hand haltenden Menschen, der den Zigaretten-/Pfeifenrauch auch nur paffen kann, anstatt ihn zu inhalieren, für ein Verbot nicht ausreichen.

BGH, Urt. v. 4.11.2010, I ZR 139/09, Ls. - BIO TABAK

Das in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG enthaltene Verbot, in der Werbung für Tabakerzeugnisse Angaben zu verwenden, die darauf hindeuten, dass die Tabakerzeugnisse natürlich oder naturrein seien, setzt nicht voraus, dass die Angaben für den angesprochenen Verkehr eine konkrete Irreführungsgefahr begründen. Es handelt sich vielmehr um ein abstraktes Verbot, das den Werbenden nicht an einer sachlichen Information über die einzelnen Eigenschaften seines Produkts und der zu seiner Herstellung verwendeten Ausgangsstoffe hindert.

BGH, Urt. v. 4.11.2010, I ZR 139/09, Tz. 25 - BIO TABAK

Die Regelung des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG bezieht mit der Wendung "darauf hindeuten" die Verwendung von Bezeichnungen in den Verbotsbereich ein, die der angesprochene Verkehr im gleichen Sinne versteht wie die beiden im Gesetz ausdrücklich genannten Begriffe "natürlich" und "naturrein" (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1996 - I ZR 159/94, GRUR 1997, 306, 307 = WRP 1997, 302 - Naturkind).

OLG München, Urt. v. 25.7.2019, 29 U 2440/18 - Verdeckter Warnhinweis

§§ 18 ff TabakerzG enthalten Werbeverbote.

§§ 21 - 22a des VTabakG enthielten ebenfalls Werbeverbote. Entscheidungen zum VTabakG/TabakErzG:

§ 19 TabakerzG (§ 21 a VTabakG a.F.)

OLG Koblenz, Urt. v. 14.8.2019, 9 U 825/19 (WRP 2019, 1503)

Die Vorschrift des § 19 Abs. 3 TabakerzG ist, ebenso wie die Vorgängerregelung des § 21a Abs. 4 VTabakG eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG (BGH, GRUR 2017, 1273; BGH, GRUR 2011, 633). Nach § 19 Abs. 2 S. 1 TabakerzG ist es verboten, für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter in der Presse oder einer anderen gedruckten Veröffentlichung zu werben. Gemäß § 19 Abs. 3 TabakerzG gilt Abs. 2 für die Werbung in Diensten der Informationsgesellschaft entsprechend.

OLG Koblenz, Urt. v. 14.8.2019, 9 U 825/19 (WRP 2019, 1503)

Ein E-Mail-Newsletter ist ein Dienst der Informationsgesellschaft in diesem Sinne. Dabei handelt es sich um eine in bestimmter Weise elektronisch erbrachte Dienstleistung. Der Begriff „Dienstleistung“ impliziert, dass es sich um Leistungen handelt, die normalerweise gegen Entgelt erbracht werden. Allerdings können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch Leistungen wirtschaftlicher Art, die unentgeltlich erbracht werden, ein Dienst der Informationsgesellschaft sein, weil die Vergütung für einen Dienst, den ein Anbieter im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt, in den Verkaufspreis von Gütern und Dienstleistungen einbezogen werden kann. In diesem Sinne kann Online-Werbung einen Dienst der Informationsgesellschaft im Sinne der Richtlinie 2000/31/EG darstellen (BGH, GRUR 2017, 1273 [= WRP 2018, 51]). Auch ein per E-Mail übersandter Newsletter kann ein solcher Dienst sein (Kiontke, GRUR-Prax 2017, 567).

… Ein Verstoß gegen § 19 Abs. 3 TabakerzG liegt nicht vor, soweit der Newsletter an Bestandskunden der Beklagten im Rahmen einer Werbung nach § 7 Abs. 3 UWG übersandt wird. In dem zuletzt genannten Fall richtet sich die Werbung lediglich an einen begrenzten Personenkreis. Im Rahmen des § 19 Abs. 3 TabakerzG setzt ein Verstoß voraus, dass die Werbung sich an die breite Öffentlichkeit richtet. Dies ergibt sich daraus, dass Abs. 2 der Vorschrift für die Werbung in Diensten der Informationsgesellschaft lediglich entsprechend anzuwenden ist. Nach der Gesetzesbegründung sollen für die Werbung in Diensten der Informationsgesellschaft dieselben Verbote, wie für die in Abs. 2 für gedruckte Veröffentlichungen genannten gelten (BR-Drucksache 630/16, S. 51). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass der Ausdruck „gedruckte Veröffentlichungen“ in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2003/33/EG (Tabakwerberichtlinie) nur Veröffentlichungen wie Zeitungen, Zeitschriften und Magazine erfasst (EuGH, Urteil vom 12.12.2006 – C-380/03).

Zu Diensten der Informationsgesellschaft siehe auch weiter unter die Rechtsprechung zu § 21 VTabakG.

Rechtsprechung zu § 21 VTabakG (a.F.)

BGH, Urt, v. 18.11.2010, I ZR 137/09, Tz. 12 - Unser wichtigstes Zigarettenpapier

§ 21a VTabakG dient der Umsetzung der Richtlinie 2003/33/EG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen. Für die Auslegung des § 21a VTabakG ist deshalb die zu dieser Richtlinie ergangene Recht sprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union maßgeblich. Danach erfasst der Begriff „gedruckte Veröffentlichungen“ in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie nur Veröffentlichungen wie Zeitungen, Zeitschriften und Magazine, die sich an die breite Öffentlichkeit richten, nicht dagegen Mitteilungsblätter lokaler Vereine, Programmhefte kultureller Veranstaltungen, Plakate, Telefonbücher oder Hand- und Werbezettel (EuGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - C-380/03, Slg. 2006, I-11573 Rn. 84-86 = EuZW 2007, 46).

BGH, Urt, v. 18.11.2010, I ZR 137/09, Tz. 10 - Unser wichtigstes Zigarettenpapier

Die Vorschrift des § 21a Abs. 3 VTabakG ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 (alt) UWG. Der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 11 (alt) UWG beschränkt sich nicht auf solche Marktverhaltensregelungen, die eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion aufweisen, indem sie die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützen.

S.a. OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.1

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 16 - Tabakwerbung im Internet

Das Werbeverbot für Tabakerzeugnisse in Diensten der Informationsgesellschaft gemäß § 21a Abs. 4 VTabakG ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Vorschrift des § 21a Abs. 3 VTabakG eine Marktverhaltensregelung ist (BGH, Urt. v. 18.11.2010, I ZR 137/09, Tz. 10 - Unser wichtigstes Cigarettenpapier). Für § 21a Abs. 4 VTabakG, der das für die Presse und andere gedruckte Veröffentlichungen geltende Werbeverbot auf Dienste der Informationsgesellschaft erweitert, gilt nichts anderes. Ebenso sind die bestimmte Formen der Tabakwerbung erfassenden Verbote des § 22 Abs. 2 VTabakG Marktverhaltensregelungen (zu § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG vgl. BGH, Urt. v. 4.11.2010, I ZR 139/09, Tz. 34 - Biotabak).

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 14 - Tabakwerbung im Internet

§ 21a Abs. 1 Nr. 3 VTabakG verweist für die Definition des Begriffs "Dienste der Informationsgesellschaft" auf Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2003/33/EG, der wiederum auf Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. 1998 L 204, S. 37, geändert durch die Richtlinie 98/48/EG, ABl. 1998 L 217, S. 18) Bezug nimmt.

Weiteres zum Begriff der Dienste der Informationsgesellschaft siehe hier.

BGH, Urt, v. 18.11.2010, I ZR 137/09, Tz. 15 - Unser wichtigstes Zigarettenpapier

§ 21a Abs. 1 Nr. 1 VTabakG verweist zur Definition des Begriffs der Werbung auf Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2003/33/EG. Danach ist Werbung „jede Art kommerzieller Kommunikation mit dem Ziel oder der direkten oder indirekten Wirkung, den Verkauf eines Tabakerzeugnisses zu fördern“.

Ebenso BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 19 - Tabakwerbung im Internet; OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.1.a

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 19 - Tabakwerbung im Internet

Dieser Begriff der Werbung erfasst ausdrücklich auch eine kommerzielle Kommunikation, die den Verkauf eines Tabakerzeugnisses indirekt fördert (BGH, GRUR 2011, 631 Rn. 17 - Unser wichtigstes Cigarettenpapier). Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler eine solche indirekte Werbewirkung darin gesehen, dass durch die Abbildung von vier gut gelaunten Personen, die die von der Beklagten verkauften Produktarten (Schnupftabak, Zigarettentabak, Zigaretten und Pfeifentabak) in der Hand halten, diese Produkte dem Besucher der Internetseite der Beklagten näher gebracht und als attraktiv dargestellt werden sollen.

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 18 - Tabakwerbung im Internet

Nach § 21a Abs. 3 Satz 1 VTabakG ist es verboten, für Tabakerzeugnisse in der Presse oder in einer anderen gedruckten Veröffentlichung zu werben. Gemäß Absatz 4 dieser Vorschrift gilt dieses Verbot entsprechend für die Werbung für Tabakerzeugnisse in Diensten der Informationsgesellschaft. Diese Regelungen setzen Art. 3 der Richtlinie 2003/33/EG vom 26. Mai 2003 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen (ABl. 2003 L 152, S. 6) in das deutsche Recht um. Nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2003/33/EG ist Werbung, die in der Presse und anderen gedruckten Veröffentlichungen nicht erlaubt ist, in Diensten der Informationsgesellschaft ebenfalls nicht gestattet.

BGH, Urt, v. 18.11.2010, I ZR 137/09, Tz. 16 - Unser wichtigstes Zigarettenpapier

Der Umstand, dass in der beanstandeten Anzeige nicht auf ein bestimmtes Tabakerzeugnis, sondern auf mehrere von der Beklagten vertriebene Tabakerzeugnisse Bezug genommen wird, ändert nichts daran, dass die Anzeige den Verkauf eines Tabakerzeugnisses zu fördern vermag. Dies lässt sich bereits dem Wortlaut der Bestimmung entnehmen; denn die Werbung für mehrere Tabakerzeugnisse stellt zwangsläufig auch eine Werbung für jedes einzelne Erzeugnis dar. Auch nach Sinn und Zweck der Regelung ist es auszuschließen, dass der Gesetzgeber mit der Verwendung des Singulars eine Förderung des Vertriebs von zwei oder mehr Tabakerzeugnissen aus der Definition der Werbung für Tabakerzeugnisse ausschließen wollte.

OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.1.a

Dadurch, dass in der Abbildung vier gut gelaunte Personen zu sehen sind, die genau die vier Arten der Produkte (Schnupftabak, Zigarettentabak, Zigaretten und Pfeifentabak) in der Hand halten, die von der Beklagten verkauft werden, tritt die Beklagte mit dem Webseitenbesucher in der Absicht in Kommunikation, ihm diese Produkte näher zu bringen bzw. diese als attraktiv darzustellen; insofern soll diese die Waren der Beklagten anpreisende Abbildung jedenfalls indirekt zum Kauf der Produkte anregen; dagegen ist der Nachweis einer konkreten Absatzsteigerung der angepriesenen Produkte nach Veröffentlichung der streitgegenständlichen Abbildung nicht erforderlich, da für die Werbewirkung die Eignung zur Verkaufsförderung ausreicht (vgl. BGH GRUR 2011, 631, Tz. 17 – Unser wichtigstes Cigarettenpapier).

Bestätigt durch BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16 

OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.1.c

Aufgrund der Verweisung durch § 21a Abs. 4 VTabakG auf die Verbotsnorm in § 21a Abs. 3 S. 1 VTabakG wird auch die Publikation der beanstandeten Werbung auf einer Unternehmenswebseite vom Verbot erfasst, da eine solche Unternehmenswebseite mit der in Abs. 3 genannten „Presse“ oder einer „anderen gedruckten Veröffentlichung“ vergleichbar ist. ...

... Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfasst der Begriff „gedruckte Veröffentlichungen” in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2003/33/EG nur Veröffentlichungen wie Zeitungen, Zeitschriften und Magazine, die sich an die breite Öffentlichkeit richten, nicht dagegen Mitteilungsblätter lokaler Vereine, Programmhefte kultureller Veranstaltungen, Plakate, Telefonbücher oder Hand- und Werbezettel (vgl. EuGH EuZW 2007, 46 Rn. 84-86; ebenso BGH GRUR 2011, 631 Rn. 12, 25 – Unser wichtigstes Cigarettenpapier).

Eine Vergleichbarkeit der Unternehmenshomepage der Beklagten mit den nicht unter den Begriff der anderen gedruckten Veröffentlichungen fallenden „Mitteilungsblätter lokaler Vereine, Programmhefte kultureller Veranstaltungen, Plakate, Telefonbücher oder Handund Werbezettel“ ist jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten gerade nicht gegeben, da sie sich eben nicht an einen von vornherein lokal beschränkten Interessenkreis wendet, sondern – der Natur einer Internetseite entsprechend – potentiell an Interessenten in der ganzen Welt (bzw. gemäß dem in Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2003/33/EG enthaltenen sowie vom Europäischen Gerichtshof angeführten Kriterium an eine „breite Öffentlichkeit“).

OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.1.d

Eine Tabakunternehmenswebseite ist nicht mit einer Fachzeitschrift, die gem. § 21a Abs. 3 S. 2 Nr. 3 lit. a) VTabakG „in ihrem redaktionellen Inhalt weit überwiegend Tabakprodukte oder ihrer Verwendung dienende Produkte betrifft“, zu vergleichen. In Abgrenzung zu den bereits von Nr. 1 erfassten Zeitschriften für im Tabakhandel tätige Personen, welche ebenfalls als Fachzeitschriften angesehen werden könnten sind demnach als von lit. a) erfasst (nur) solche Zeitschriften anzusehen, welche hersteller-, produkt- und markenübergreifend sowie journalistisch aufbereitet Reportagen, Interviews, Tests etc. für Tabakkonsumenten bieten. Über die Verweisung in § 21a Abs. 4 VTabakG werden daher entsprechende Tabakfachzeitschriften erfasst, welche (zusätzlich oder ausschließlich) online veröffentlicht werden. Dagegen beschränkt sich eine Unternehmenswebseite wie die der Beklagten einerseits naturgemäß ausschließlich auf die Darstellung der eigenen Produktpalette mit dem Schwergewicht auf der reinen Informationsvermittlung und enthält andererseits häufig Auskünfte über den eigenen Unternehmensbereich wie etwa Presseinformationen, Unternehmenskennzahlen oder Informationen zu Tätigkeitsmöglichkeiten im Unternehmen, welche in Fachmagazinen regelmäßig nicht zu finden sind, so dass eine Unternehmenshomepage im Ergebnis mit einer „Fachzeitschrift“ nicht vergleichbar ist.

§ 21 TabakerzG/§ 22 VTabakG

BGH, Urt. v. 4.11.2010, I ZR 139/09, Tz. 24 - BIO TABAK

§ 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar. Der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 11 UWG ist nicht auf solche Marktverhaltensregelungen beschränkt, die eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne aufweisen, dass sie die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützen.

Ebenso OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.2

OLG Koblenz, Urt. v. 3.2.2021, 9 U 809/20, Tz. 29

Gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 TabakerzG ist es verboten, im Verkehr mit Tabakerzeugnissen oder in der Werbung dafür werbliche Informationen zu verwenden, durch die der Eindruck erweckt wird, dass der Genuss oder die bestimmungsgemäße Verwendung von Tabakerzeugnissen gesundheitlich unbedenklich oder dazu geeignet ist, die Funktion des Körpers, die Leistungsfähigkeit oder das Wohlbefinden günstig zu beeinflussen.

Die Vorschrift findet keine Anwendung auf E-Zigaretten:

OLG Koblenz, Urt. v. 3.2.2021, 9 U 809/20, Tz. 31 f, 38

Die Vorschrift des § 21 TabakerzG ist nicht erweiternd dergestalt auszulegen, dass sie auch verwandte Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nr. 1, Nr. 2 TabakerzG erfasst.

Gegen diese Auslegung der Vorschrift spricht bereits deren Wortlaut, der ausdrücklich auf „Tabakerzeugnisse“ abhebt. Die systematische Stellung der Vorschrift in Abschnitt 4 des Gesetzes, welcher mit „Gemeinsame Vorschriften für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse“ überschrieben ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Tatsächlich finden sich in den Vorschriften der §§ 18 - 23 TabakerzG Vorschriften, welche sich sowohl auf Tabakerzeugnisse als auch auf verwandte Erzeugnisse beziehen. Allerdings gilt dies nicht für sämtliche Regelungen. ...

Eine analoge Anwendung des § 21 TabakerzG kommt nicht in Betracht. Denn eine solche setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus, die im Falle vergleichbarer Interessenlagen dadurch geschlossen werden kann, dass eine Vorschrift auf einen von ihr nicht erfassten Sachverhalt entsprechend angewandt wird. Im vorliegenden Fall fehlt es indes an einer planwidrigen Regelungslücke. Denn der Gesetzgeber hat sich mit dem Regelungsbereich des TabakerzG mehrfach befasst. Hierbei hat er sich auch mit der Vorschrift des § 21 TabakerzG auseinandergesetzt, jedoch eine Anpassung der Vorschrift, indem sie - in Gleichlauf mit den übrigen Verbotsvorschriften des TabakerzG - ausdrücklich auf beide Arten von Erzeugnissen Anwendung finden soll, gerade nicht vorgenommen.

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 117/16, Tz. 36, 39 - Tabakwerbung im Internet

Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c VTabakG ist es verboten, in der Werbung für Tabakerzeugnisse unter anderem Darstellungen zu verwenden, die das Inhalieren des Tabakrauchs als nachahmenswert erscheinen lassen. ...

... Zwar verbietet § 22 Abs. 1 Buchst. c VTabakG jede Darstellung, die das Inhalieren nachahmenswert erscheinen lässt. An einer solchen Darstellung fehlt es aber, wenn eine beanstandete Abbildung einen Raucher zeigt, der nicht erkennbar inhaliert.

Das BGH-Urteil bestätigt:

OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.2.a

Das Verbot gem. § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. a) VTabakG betrifft u. a. Darstellungen, durch die der Eindruck erweckt wird, dass der Genuss oder die bestimmungsgemäße Verwendung von Tabakerzeugnissen gesundheitlich unbedenklich oder geeignet ist, die Funktion des Körpers, die Leistungsfähigkeit oder das Wohlbefinden günstig zu beeinflussen.

Soweit die beanstandete Abbildung lediglich vier Personen zeigt, welche Tabakprodukte in der Hand halten und dabei sichtbar gut gelaunt sind, kann darin nicht gleichzeitig eine Aussage im Hinblick auf eine gesundheitliche Unbedenklichkeit gesehen werden; die gute Laune und das Lachen der Personen kann (sofern man darin überhaupt einen Bezug zur Gesundheit der Personen sehen wollte) ohne Weiteres auf andere Umstände zurückzuführen sein, so dass darin – über die gute Laune hinaus – keinerlei spezifischer Aussagegehalt in eine bestimmte Richtung zum Ausdruck kommt. Ohnehin wird regelmäßig eine behauptete gesundheitliche Unbedenklichkeit in Werbung vornehmlich durch Wortattribute und nicht durch bildliche Darstellungen ausgedrückt werden.

... Aus dem systematischen Zusammenhang der (unbestimmten) Tatbestandsalternative „Wohlbefinden“ mit den Eigenschaften in § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. a) VTabakG ist zu verlangen, dass auch das Wohlbefinden gesundheitsbezogen oder leistungssteigernd zu verstehen ist.

OLG München, Urt. v. 21.4.2016, 6 U 2775/15, II.2.b

Nach § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. c) VTabakG sind Darstellungen verboten, die das Inhalieren des Tabakrauchs als nachahmenswert erscheinen lassen.

... Die Auffassung des Klägers, ein durchschnittlicher Betrachter werde bei der Darstellung eines Zigarette (oder Pfeife) rauchenden Menschen davon ausgehen, dass dieser den Rauch auch inhaliere, verfängt demgegenüber nicht: Zu berücksichtigen ist nämlich in diesem Zusammenhang, dass es neben der Rauchtechnik des Inhalierens, verstanden als Einatmen des Rauchs direkt in die Lunge, auch die (weniger gesundheitsschädliche) Technik des Paffens gibt, also das Verbringen des Rauchs lediglich in die Mundhöhle. Wenn also der Gesetzgeber bewusst nur die bestimmte (und gesundheitsschädlichere) Rauchtechnik des „Inhalierens“ als Anknüpfungspunkt des Verbotstatbestands anführt, kann die bloße Darstellung eines – wie vorliegend – eine Zigarette zwischen den Fingern haltenden, Rauch ausstoßenden bzw. eines eine Pfeife in der Hand haltenden Menschen, der den Zigaretten-/Pfeifenrauch auch nur paffen kann, anstatt ihn zu inhalieren, für ein Verbot nicht ausreichen.

BGH, Urt. v. 4.11.2010, I ZR 139/09, Ls. - BIO TABAK

Das in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG enthaltene Verbot, in der Werbung für Tabakerzeugnisse Angaben zu verwenden, die darauf hindeuten, dass die Tabakerzeugnisse natürlich oder naturrein seien, setzt nicht voraus, dass die Angaben für den angesprochenen Verkehr eine konkrete Irreführungsgefahr begründen. Es handelt sich vielmehr um ein abstraktes Verbot, das den Werbenden nicht an einer sachlichen Information über die einzelnen Eigenschaften seines Produkts und der zu seiner Herstellung verwendeten Ausgangsstoffe hindert.

BGH, Urt. v. 4.11.2010, I ZR 139/09, Tz. 25 - BIO TABAK

Die Regelung des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG bezieht mit der Wendung "darauf hindeuten" die Verwendung von Bezeichnungen in den Verbotsbereich ein, die der angesprochene Verkehr im gleichen Sinne versteht wie die beiden im Gesetz ausdrücklich genannten Begriffe "natürlich" und "naturrein" (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1996 - I ZR 159/94, GRUR 1997, 306, 307 = WRP 1997, 302 - Naturkind).

Irreführungsgefahr

OLG Koblenz, Urt. v. 3.2.2021, 9 U 809/20, Tz. 56

Es kann nicht festgestellt werden, dass bei dem Konsumenten von Tabakzigaretten als Adressat der Werbung der Beklagten ein Irrtum hervorgerufen wird. Insbesondere wird nicht die unzutreffende Vorstellung hervorgerufen, E-Zigaretten seien gesundheitlich unbedenklich. Zwar ist die Werbung unstreitig in der Weise zu verstehen, dass mit der Aussage geworben wird, dass E-Zigaretten Leben retten. …

Allerdings führt diese Werbeaussage entgegen der Ansicht des Landgerichts bei dem Verbraucher nicht zu der Fehlvorstellung, dass E-Zigaretten gesundheitlich unbedenklich sind. Abzustellen ist insoweit auf den Verständnishorizont des angesprochenen Verbrauchers, mithin dem Konsumenten von Tabakzigaretten. Eine lebensrettende Wirkung ist allerdings nicht gleichzusetzen mit der Eigenschaft, gesundheitlich unbedenklich zu sein. Die gesundheitliche Unbedenklichkeit knüpft nämlich daran an, dass eine Substanz keinerlei schädlichen Einfluss auf den menschlichen Körper hat. Eine lebensrettende Wirkung kann demgegenüber bereits dann angenommen werden, wenn schädliche Einflüsse vermindert werden, sodass im Ergebnis ein Zustand geringerer Schädigung erreicht werden kann. Der Konsument von Tabakzigaretten, der Adressat von zahlreichen und umfangreichen Aufklärungskampagnen ist, weiß um die Gefährlichkeit des von ihm konsumierten Produkts. Vor diesem Hintergrund versteht der Tabakraucher die Werbung auch in der Weise, dass mit dem Konsum von E-Zigaretten seine Belastung reduziert werden und damit eine lebensverlängernde Wirkung erreicht werden kann. Demgegenüber wird der Tabakkonsument die Werbung nicht in der Weise verstehen, dass von E-Zigaretten keinerlei schädliche Wirkungen ausgehen. Dies gilt umso mehr, als der Tabakraucher weiß, dass bei der Tabakzigarette neben den Verbrennungsstoffen auch Nikotin schädliche Wirkungen verursachen. Gerade dieser Stoff ist indes in zahlreichen E-Zigaretten enthalten. Demgemäß soll einigen Tabakrauchern die E-Zigarette gleichsam einem Nikotinpflaster als Substitut dienen.

Dann aber weiß der durchschnittliche Tabakkonsument als Adressat der angegriffenen Werbung, dass die E-Zigarette auch Stoffe enthält, die einen schädlichen Einfluss auf den menschlichen Körper haben, wenngleich diese in geringerem Umfang enthalten sind.

Demgegenüber kann eine lebensrettende Wirkung bereits dann begründet sein, wenn das vorliegend beworbene Alternativprodukt einen geringeren schädlichen Einfluss auf den menschlichen Körper hat als die Tabakzigarette selbst. Diese Eigenschaft von E-Zigaretten steht aber zwischen den Parteien jedenfalls im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht im Streit. Denn unstreitig rührt die schädliche Wirkung von Tabakzigaretten zu einem wesentlichen Teil von den Stoffen her, die bei der Verbrennung des Tabaks entstehen. Ebenso unstreitig findet ein Verbrennungsvorgang bei der E-Zigarette nicht statt, sodass jedenfalls diese Stoffe nicht entstehen und demgemäß keinen schädlichen Einfluss auf den Körper des Konsumenten haben können. Ist damit im Falle des Konsums von E-Zigaretten statt der Tabakzigaretten mit einer Verminderung des durch den Konsum des Produkts hervorgerufenen schädlichen Einflusses zu rechnen, ist dieser Umstand grundsätzlich auch geeignet, die Anzahl schwerwiegender Erkrankungen, die auch einen tödlichen Verlauf nehmen können, zu vermindern.